Über die Schweizer und das Scharf-S

Der eine oder die andere mag sich hier schon gefragt haben, weshalb, bei ansonsten wohl durchaus ansehnlicher und brauchbarer Sprachkunst, immerfort der ‚Fehler‘ des schlichtweg ignorierten Scharf-S (Eszett) auftritt.

Der Grund dafür ist simpel.

Ich bin Eidgenosse. 😀

Da ich hier ja nicht der einzige Schweizer bin, und womöglich auch nicht jeder Schweizer über den eigentlichen Sinn des Doppel-S im Bilde ist, im folgenden einleitend ein Zitat aus Wikipedia:

[Das Scharf-S] ist ein Konsonantenbuchstabe und dient zur Darstellung des stimmlosen s-Lautes.

Dass es bei Schweizern in der Regel keine Verwendung findet, hat mehrere Gründe.

  1. „Ganz  vereinzelt  weicht  der  vorliegende Leitfaden vom amtlichen Regelwerk ab: Dies  gilt  namentlich  für  das  ß  (Eszett oder Scharf-s). Dieser Buchstabe wurde in  der  Schweiz  seit  den  1930er-Jahren langsam  verdrängt  und  wird  seit  den 1970er-Jahren  nicht  mehr geschrieben (man schreibt stattdessen Doppel-s: ss). […] Dass in der Schweiz kein Eszett zur Verfügung steht, ist eigentlich nur bei ganz wenigen Wortpaaren ein Mangel: Die Wörter Masse (mit kurzem Vokal) und Maße (mit langem Vokal) – in der Schweiz beide als Masse geschrieben – kommen in sehr ähnlichen  Kontexten  vor,  sodass  es  zu  Verwechslungen  kommen  kann.  Andere solche Wortpaare sind Busse (Pl. von der Bus) und Buße – in der Schweiz beides als Busse geschrieben – oder Flosse und Floße, in der Schweiz beide als Flosse geschrieben. Der Gefahr von Verwechslungen ist allenfalls durch geeignete, vereindeutigende Formulierungen Rechnung zu tragen.“
  2. Auf einer Schweizer Tastatur befindet sich schlicht kein Ringel-S, weshalb es nur über einen das Schreiben massiv verkomplizierenden Zeichencode eingefügt werden kann; vergleichbar mit den fehlenden Accents und Graves zur direkten Eingabe auf deutschen Tastaturen.
  3. Nur die wenigsten Schweizer sind überhaupt um das Regelwerk des Buckel-S im Bilde, zumal es gemäss dem in Punkt 1 erwähntem Leitfaden auch offiziell nicht beachtet wird, und somit selbstredend an Schulen auch nicht gelehrt wird.

Dennoch muss ich müssig zugeben, dass es, zwar bei den Massen nicht in Massenmassen, aber dennoch in Massen des Masses durchaus sehr verwirrend werden kann, wenn man es einfach strinkfrech weglässt. Sowas muss einem niemals zur Musse werden, und eigentlich müsste man die Büsser in Bussen Busse tun lassen, aber ich muss zugeben, dass ich dann auch zu den in Bussen abgeführten Büssern gehören müsste, zumal ich hierbei doch auch zur Masse mich zu zählen anmasse, da ich das Regelwerk en Detail Selbst nicht in Petto hätte. 😉


Nachtrag:

Kurz nach Erscheinen dieses Artikels hat mich Magnus Göller (siehe Kommentare) freundlicherweise noch darauf hingewiesen, dass das Regelwerk ja noch viel einfacher ist, als ich zunächst dachte. Mit seiner Erlaubnis baue ich seine Erklärung hiermit zur Vervollständigung gleich noch direkt in den Hauptartikel ein:

Das Regelwerk ist denkbar simpel: nach kurzem Vokal “ss”, nach langem “ß”. Also, dass der Nüchterne die Massen von den Maßen zu unterscheiden weiß/weiss (Diphtonge nördlich des Rheins immer wie lange Vokale), selbst wenn die Massen in München das vor lauter Maßen selbst nicht mehr können, oft nicht nur, weil desfalls mancher lange Vokal kurz wird, und mancher kurze lang.
[…]
Ausnahmen gibt es meines Wissens nur in Namen. So kann einer gar Claassen heißen. In Namen gibt es aber eh alles, was es sonst nicht gibt. Bleibt noch “das” zu nennen, in dem Sinne (auch “was?”), dass hier meist kurzvokalisch gesprochen wird, hiemit auch scharf, aber kein doppeltes “s” geschrieben. “As” wird immer kurz und scharf gesprochen (außer auf dem Oktoberfest) und hat doch bloß, das arme, ein “s”. (Es hat ja auch unter Umständen nur ein Auge.) Zudem natürlich in Fremd- bzw. Lehnwörtern…
[…]

Danke Dir! 🙂

Ps. Weiteres ist dem Kommentarstrang zu entnehmen.


Nachtrag vom 3. Juli 2017

Der Desinfo- & Schwurbelblog epochtimes.de des alternativen Mainstreams kolportiert in einem Blabla-Artikel zur neuen Rechtschreibreform in Bezug zum neu einfgeführten, grossgeschriebenen Scharf-S (ẞ) die Lüge, dass dieses neue Regelwerk auch für die Schweiz gelte, obwohl in erwähntem Regelwerk auf Seite 29 explizit geschrieben steht:

E2:  Steht der Buchstabe  ß  nicht zur Verfügung, so  schreibt man ss. In der
Schweiz kann man immer ss schreiben. Beispiel: Straße – Strasse

Aber vom alternativen Mainstream sind auch keine brauchbaren Informationen zu erwarten; zumindest nicht brauchbarer als jene in den Schafsmedien.

20 Kommentare

Eingeordnet unter Bewusstsein, Bildung, Dialekt, Fremdartikel, Gastbeiträge, Lustiges, Menschen, Schönes, Schweiz, Sprachwissenschaft

20 Antworten zu “Über die Schweizer und das Scharf-S

  1. semjon1488

    Sehr schöne Erklärung! Macht >Spaß<, das zu lesen.

    Grüße aus Düütschland

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  2. Rainer Buess

    Ich weiß nicht, ob das hier noch jemand liest, aber ich schreibe es halt mal.
    Es ist ganz einfach mit dem Scharf-S: Unabhängig davon gelten prinzipiell beim Schreiben eines Textes dieselben Rechtschreib-Regeln wie in der Schweiz. Die Unterscheidung zwischen „das“ und „dass“ hat zunüchst mal überhaupt nichts mit dem Scharf-S zu tun. Das und dass sind zwei völlig unterschiedliche Wörter mit einem völlig unterschiedlichen Gebrauch. Und das Wort „wass“ gibt es sowieso nicht. Dass die beiden Wörter so oft falsch geschrieben werden, liegt einfach nur am gekonnten oder nicht gekonnten Rechtschreiben. Das jedoch lernt bzw. lehrt man in der Schweiz genau so wie in Deutschland doch bereits in der Schule.
    Wie gesagt, das alles hat gar nichts mit dem Scharf-S zu tun …

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