Poesie zum Aufwachen

In Angst und bürgerlichem Leben
wurde nie eine Kette gesprengt.
Hier muß man schon mehr geben,
die Freiheit wird nicht geschenkt.

Es sind die glücklichen Sklaven
der Freiheit größter Feind,
drum sollt Ihr Unglück (Anm. d. Red.: m.E. besser Drangsal) haben
und spüren jedes Leid.

Nicht Mord, nicht Brand, nicht Kerker,
nicht Standrecht obendrein;
es muß noch kommen stärker,
wenn’s soll von Wirkung sein!

Ihr müßt zu Bettlern werden,
müßt hungern allesamt,
zu Mühen und Beschwerden
verflucht sein und verdammt.

Euch muß das bißchen Leben
so gründlich sein verhaßt,
daß Ihr es fort wollt geben
wie eine Qual und Last.

Erst dann vielleicht erwacht noch
in Euch ein bess’rer Geist,
der Geist, der über Nacht noch
Euch hin zur Freiheit reißt!

Quelle: Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)


Anm. d. Red.: Kein weiterer Kommentar von Nöten, ausser bedenket; Bedenktet wahrlich und wahrhaftig -> und handelt entsprechend!

7 Kommentare

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7 Antworten zu “Poesie zum Aufwachen

  1. Forscher …

    Ein Mensch – was noch ganz ungefährlich,
    erklärt die Quanten (schwer erklärlich).

    Ein zweiter, der das All durchspäht,
    erforscht die Relativität.

    Ein dritter nimmt, noch harmlos, an,
    Geheimnis stecke im Uran.

    Ein vierter ist nicht fernzuhalten,
    von dem Gedanken, Kernzuspalten.

    Ein fünfter – reine Wissenschaft,
    entfesselt der Atome Kraft.

    Ein sechster, auch noch bonafidlich,
    will die verwenden, doch nur friedlich.

    Unschuldig wirken sie zusammen:
    Wen dürfen einzeln wir verdammen?

    Ist’s nicht der siebte erst und achte,
    der Bomben dachte und dann machte?

    Ist’s nicht der Böseste der Bösen,
    der’s dann gewagt, sie auszulösen?

    Den Teufel wird man nie erwischen:
    Er steckt von Anfang an dazwischen.

    Eugen Roth – deutscher Dichter u. Lyriker
    geb. 24. Jan. 1895 in München
    gest. 28. April 1976 in München
    an
    Otto Hahn – Deutscher Chemiker u. Nobelpreisträger
    geb. 8. März 1879 in Frankfurt
    gest. 28. Juli 1968 in Göttingen

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  2. Valeria

    Unglaublich, was heutzutage alles machbar ist

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  3. Extremschlechtmensch

    Lamm Gottes, ein Gedicht

    Scheußlich sind die Phantasien,
    fürchterlich die Truggebilde –
    zügellose, krankhaft wilde,
    die in Christenseelen blühen.

    Johannes hatte einen wüsten Traum,
    als „0ffenbarung“ Gottes glaubt man ihn;
    da stellt er einen irren Kobold vor uns hin,
    der macht die Erdenwelt zum Höllenraum.

    Auf dem Schädel weiße Wolle,
    donnergleich sein Wortgegrolle,
    aus den Augen Flammen sprühen,

    Füße, die wie Messing glühen;
    was ihm aus dem Maule fährt:
    ein doppelschneidig` scharfes Schwert.

    Vier Ungeheuer kriechen rund um seinen Thron,
    die winseln unterwürfig ewig gleichen Ton.
    Ihr Leib ist ganz und gar besetzt mit Augen .
    sechs Flügel, die zum raschen Fluge taugen.
    Kein Zeus, kein Wodan hätt` sich so verschuldet
    und solche Hausgenossen je geduldet!

    Was ist das für ein Gott, der sich ergötzt
    und seine Bestien auf die Menschen hetzt?

    Sieben Dämonen harren seiner Winke –
    Eilfertig-gnadenlose, starke, flinke.
    Sie gießen „Gotteszorn“ aus Schalen nieder –
    verbrennen, schneiden, stoßen Menschenglieder.

    Ein and`rer Punkt im Christengott-Programm,
    da zeigt er sich wie ein „erwürgtes Lamm“
    mit sieben Augen, sieben Hörnerspitzen;
    gar schrecklich ist des Lammes Zornesblitzen.
    Wer es nicht liebt, sich nicht mit ihm vermählt,
    der wird mit Brand und Schwefelsalz gequält.

    Ein seltsam` „Lamm“, es kennt kein Grauen,
    im Kreise seiner „Engel“ selber zuzuschauen,
    wie sich der Knäuel der Leiber windet,
    wie man die Folteropfer schindet.
    Das “ Lamm“ kann wölfisch hetzen, hassen,
    kann martern und kann morden lassen.
    Um eine Frau zu züchtigen, zu zügeln,
    will`s deren Kinder selbst zu Tode prügeln.
    Herrschsüchtig, herzlos zürnet es den „Heiden“,
    mit Eisenstangen hofft es die zu „weiden“.
    Vernichtung sei auf sie hinabgewettert,
    wie Tongeschirr, so seien sie zerschmettert.

    Getreu des „Gotteslammes“ Wille
    rasten die Mördermönche durch die Lande,
    zur schlimmsten Untat waren sie imstande.
    Sie warfen „Ketzer“, „Hexen“, „Heiden“ auf die Brände.
    sie halfen brav beim prophezeiten Ende,
    geboten fromm den „Gottesfeinden“ Stille.

    Du „Gotteslamm“, du bist ein Fluch der Welt,
    du bist das Tier, das allen Höllenfürsten wohl gefällt!

    —–

    (Hier gefunden: https://www.wallstreet-online.de/diskussion/500-beitraege/583646-1-500/lamm-gottes-ein-gedicht)

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  4. Da hab ich noch ne bessere Quelle (v.a. weil nicht jeder selber auf die Verknüpfung des Gedichts mit dem Johannes-Geschwurbel kommt heutzutage; wen wunderts 😉 )…
    https://oding.org/index.php/poesie-2/gereimte-ruege/187-lamm-gottes
    …mal ungeachtet der Tatsache, dass die Oding-Lichtarbeiter-Bruderschaft, nebst einiger wahrhaftiger Weisheiten, doch auch extremst naiv erscheint nach grobem Durchflug durch die Seite… 😉

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  5. Extremschlechtmensch

    Ojeeeee! 😯

    Vor über 10 Jahren habe ich das Gedicht im Freigeistforum entdeckt. Bei meiner gestrigen Kommentarerstellung sind Erinnerungsfetzen wieder hochgekommen, woraufhin ich die Suchmaschine bedient habe. Bei dem Vers „Kein Zeus, kein Wodan hätt` sich so verschuldet“ habe ich schon sowas befürchtet, aber die Quelle des Gedichts nicht ausmachen können.

    Daher herzlichen Dank für den Hinweis, Dude! 🙂

    Dadurch wird mir so vieles klar. Jetzt weiß ich auch, warum ich im Jahre 2011 von so einem „Neugermanen“ in der Nähe von mehreren Cloudbustern urplötzlich derart heftig attackiert wurde, daß ich mich in Sicherheit bringen mußte, um nicht noch mehr Schaden zu erleiden. Der mediale Antibiobauer, auf dessen Hof ich zu der Zeit Praktikum machte, sah während eines seiner lichten Momente, daß mein Rücken vollgespickt war mit langen „Glasröhren“, aus meinem Genick ein dicker Schlauch ragte und in einigen Metern Entfernung sich dunkle Wesen tummelten. Ich brauchte etwa eine Woche, um diesen Dreck wieder loszuwerden. Diese Cloudbuster wurden 1-2 Tage zuvor auf einem Workshop, an dem ich Trottel auch teilnahm, nach Bauanleitung eines berenteten Nahtodzombies hergestellt.

    Und wieder ein großer Puzzlestein mehr. Hab grad Gänsehaut, während ich das schreibe.

    Dieser Odin/Wodan wird oft als Einäugiger dargestellt sowie mit Wölfen und Schlangen. Warum wohl?
    Es paßt wieder mal alles wie die Faust auf’s eine Auge.

    Schnauf!
    😦

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  6. Elfreda

    Super Beitrag! Besten Dank fuer deinen wundervollen Post

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  7. Extremschlechtmensch

    Der synthetische Mensch

    Professor Bumke hat neulich Menschen erfunden,
    die kosten zwar, laut Katalog, ziemlich viel Geld,
    doch ihre Herstellung dauert nur sieben Stunden,
    und außerdem kommen sie fix und fertig zur Welt!

    Man darf dergleichen Vorteile nicht unterschätzen.
    Professor Bumke hat mir das alles erklärt.
    Und ich merkte schon nach den ersten Worten und Sätzen:
    Die Bumkeschen Menschen sind das, was sie kosten, auch wert.

    Sie werden mit Bärten oder mit Busen geboren,
    mit allen Zubehörteilen, je nach Geschlecht.
    Durch Kindheit und Jugend würde nur Zeit verloren,
    meinte Professor Bumke. Und da hat er ja Recht.

    Er sagte, wer einen Sohn, der Rechtsanwalt sei,
    etwa benötige, brauche ihn nur zu bestellen.
    Man liefre ihn, frei ab Fabrik, in des Vaters Kanzlei,
    promoviert und vertraut mit den schwersten juristischen Fällen.

    Man brauche nun nicht mehr zwanzig Jahre zu warten,
    dass das Produkt einer unausgeschlafenen Nacht
    auf dem Umweg über Wiege und Kindergarten
    das Abitur und die übrigen Prüfungen macht.

    Es sei ja auch denkbar, das Kind werde dumm oder krank.
    Und sei für die Welt und die Eltern nicht recht zu verwenden.
    Oder es sei musikalisch! Das gäbe nur Zank,
    falls seine Eltern nichts von Musik verständen.

    Nicht wahr, wer könne denn wirklich wissen, was später
    aus einem anfangs ganz reizenden Kinde wird?
    Bumke sagte, er liefre auch Töchter und Väter.
    Und sein Verfahren habe sich selten geirrt.

    Nächstens vergrößre er seine Menschenfabrik.
    Schon heute liefre er zweihundertneunzehn Sorten.
    Misslungene Aufträge nähm er natürlich zurück.
    Die müssten dann nochmals durch die verschiedenen Retorten.

    Ich sagte: Da sei noch ein Bruch in den Fertigartikeln,
    in jenen Menschen aus Bumkes Geburtsinstitute.
    Sie seien konstant und würden sich niemals entwickeln.
    Da gab er zur Antwort: „Das ist ja grade das Gute!“

    Ob ich tatsächlich vom Sichentwickeln was halte?
    Professor Bumke sprach’s in gestrengem Ton.
    Auf seiner Stirn entstand eine tiefe Falte.
    Und dann bestellte ich mir einen vierzigjährigen Sohn.

    (Erich Kästner, 1899-1974)

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