Wirtschaftswitze (7)

Dies ist nun der letzte Beitrag, der sich fast ausschließlich mit der Kritik der „bürgerlichen Ökonomie“ als „Wissenschaft“ befaßt – die bisherigen Teile findet ihr hier: Teil 1 hier, Teil 2 hier, Teil 3 hier, Teil 4 hier, Teil 5 hier, Teil 6 hier.
Danach geht’s „ans Eingemachte“, d.h. daran, wie eine menschliche Gemeinschafts-Ökonomie zu gestalten sein könnte – erste Ansatzpunkte waren ja in den einzelnen Absätzen schon angetriggert worden. 😉
Luckyhans, 28. März 2016
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14. Das Schuld-Konzept

Ein Bekannter empfahl mir unlängst das Buch von David Graeber “Schulden – die ersten 5000 Jahre”. Die Kurzbeschreibung weckte hochgestellte Erwartungen, allerdings machten die überschwenglichen Lobpreisungen von Vertretern der Hauptströmungsmedien auf dem Schutzumschlag wieder leicht argwöhnisch: kommt hier wirklich eine wahrheitsgetreue Darstellung dieser hochwichtigen Frage? Oder wird erneut mit viel Aufwand (über 500 Seiten!) vor allem Nebel verbreitet?
Auf jeden Fall regte die Lektüre dieses sehr eingängig geschriebenen Buches dazu an, die einer kurzen Buchbesprechung unten nachfolgende (deutlich kürzere) Darlegung zu verfassen – vielen Dank an Herrn Graeber – und an meinen Bekannten.

Zuerst eine kurze Charakteristik des Buches, soweit dies möglich ist.
Der Autor verweist gleich zu Anfang auf den Zusammenhang zwischen dem moralischen Begriff der „Schuld“ und dem wirtschaftlichen Begriff der „Schulden“ – ohne auch nur im entferntesten darauf aufmerksam zu machen, daß wir es bereits hier mit einer tiefgreifenden Manipulation unseres Denkens zu tun bekommen.

Denn der “Schuld”-Begriff ist uns durch alle großen Religionen und durch alle allgemein bekannten Ideologien derart tief in unser Bewußtsein eingepflanzt worden, daß wir kaum noch erkennen können, daß dies eine total künstliche Konstruktion ist.

Ethisch gibt es keine „Schuld“, denn wir kommen nicht von allein auf diese Welt, und wir leben nicht allein auf dieser Welt. Insofern sind wir auf vielfältige Wechselwirkungen mit der Natur, allen Wesen und Mitmenschen angewiesen – daraus dann gegenseitige “Aufrechnungen” zu generieren, verbietet sich von selbst – weil es praktisch unmöglich ist.

Und auch gar nicht erforderlich – wenn alle ihr Bestes geben und das Notwendige nehmen, wird immer ein Überfluß da sein und alle können in Fülle und Zufriedenheit leben.
Was es durchaus gibt, das ist Verantwortung – ein/e jede/r ist für das eigene Leben voll verantwortlich – ohne wenn und aber – aber solche Aussagen sucht man im Buch vergebens.

Erstaunliche Offenheit auf Seite 12 – Zitat:

Die Auslandsschulden der Vereinigten Staaten haben die Form von Staatsanleihen im Besitz institutioneller Anleger in Ländern (Deutschland, Japan, Südkorea, Taiwan, Thailand, den Golfstaaten), die mehrheitlich de facto militärische Protektorate der USA sind, amerikanische Militärbasen voller Waffen und Ausrüstungen beherbergen, die mit eben diesen Schulden bezahlt wurden.”

Mit den “Vereinigten Staaten” sind natürlich die von Amerika gemeint (oder tatsächlich die ehemalige “Virginia Company”?), während die sog. “institutionellen Anleger” brav umschrieben werden – es sind in Wahrheit Organe der Superreichen dieser Welt gemeint: die verschiedenen Fonds u.ä. Finanz-Konstruktionen, geschaffen um in aller Welt den Menschen Werte zu entziehen und in die Taschen der wenigen umzuleiten.

Die Aussage über die Protektorate ist allerdings bedenkenswert – aber sowas darf wohl jetzt auch offen gesagt werden, weil es sowieso immer offensichtlicher ist.

Dann geht der Buchautor zum Kreditwesen über – allerdings ohne stets präzise in den Aussagen zu sein: „Schulden“ sind Tilgung und Zinsen – das sollte möglichst sauber getrennt und unterschieden werden – was kaum erfolgt.
Die dazu erfolgenden geschichtlichen Betrachtungen vertiefen durchgängig die “herrschende” Geschichte, ohne diese zu hinterfragen.

Der Zusammenhang von Geld und Macht wird mal deutlich, mal wieder verhängt; interessante Fakten, wie die früher gültige Festlegung, daß die Zinszahlungen in keinem Falle die Kreditsumme übersteigen durften, oder die Erkenntnis, daß Tausch immer auf versuchten Betrug hinausläuft, werden versteckt hinter “üblichen” Leersätzen der Ökonomie (“Geschäft ist Geschäft”), d.h. ohne Moral und Ethik.

Über archaische geldlose Wirtschaftsformen (ohne Zins), wie Anschreiben, wird flugs hinweggegangen und schnell postuliert, daß “der Drang nach Tauschhandel die Arbeitsteilung erschafft – in Wahrheit war es doch wohl genau umgekehrt.

Die Betrachtung sog. “humaner Ökonomien” (Naturvölker) erhält breiten Raum, allerdings vorwiegend um zu “beweisen”, daß Tausch (obwohl Mythos genannt) ein natürliches Bedürfnis des Menschen sei (wie Fleischessen – bis hin zum Kannibalismus) – es entsteht der Eindruck, daß es keineswegs um ein Verstehen dieser Gesellschaften geht, sondern nur um deren Interpretation im Sinne “unserer” westlichen Vorstellungen.

Diese vom Autor durchgeführte Begriffsbesetzung ist es wohl auch, welche das Buch für die Hauptströmung so “wertvoll” macht.
Denn als “humane Ökonomien” werden eben nicht naturnahe Wirtschaftsweisen bezeichnet, sondern ausgewählte Beispiele “zufällig” (und meist vor langer Zeit) “untersuchter” bestimmter afrikanischer und asiatischer Naturvölker und deren Art zu leben und miteinander umzugehen.

Und dabei wird der dort vorhandene Grundsatz, daß ein jeder Mensch einzigartig und unersetzlich ist, “wissenschaftlich”-wortreich in sein Gegenteil verkehrt, indem man folgert: “… und darum kann der Verlust eines Menschen auch nur durch einen anderen Menschen ausgeglichen werden, niemals jedoch durch Geld oder andere gebräuchliche Zahlungsmittel.”
Oder es entsteht dadurch sogar eine nicht zu tilgende Schuld, die lebenslang mit immer wiederkehrenden Zahlungen erneut anerkannt werden muß, und ähnliche Konstruktionen.

Wir merken auf: Blutfehde und Menschenbesitz werden als Naturprinzipien dargestellt – alles beruhend auf dem westlichen “Schuld”-Begriff, und damit für Naturvölker völlig unpassend.
Es sind solche hinterhältigen Interpretationen, von welchen dieses Buch seine laute Unterstützung bezieht – denn damit kann “wissenschaftlich begründet” den Menschen sehr schön Angst gemacht werden vor einer anzustrebenden wirklich
humanen Ökonomie, welche diesen Namen tatsächlich berechtigt tragen könnte.

Die Mechanik des Papier-Schuld-Geldes wird als Kredit”theorie” beschrieben (also als “nicht bewiesen”), die Eigentümerschaft an der “Bank of England” und der “Bank of Scotland” (Rothschild) fein verschwiegen.

Geld erschaffe erst die “Märkte” – fast immer ohne konkret zu sagen, welche “Märkte” denn damit gemeint sind – die Wochenmärkte/Basare oder die “ökonomischen” Märkte.

Bedenkenswerte Erkenntnisse (Zitat: “Gesellschaften ohne Staat sind in der Regel auch Gesellschaften ohne Märkte.) beruhen auf sonderbaren Interpretationen (Zitat: “… aber Märkte entstanden eindeutig im Zusammenhang mit den Armeen in der Antike; …”)

Der Mythos vom Ursprung des Geldes wird etwa so verklärt: (Zitat)

Das Geld wurde genausowenig “erfunden” wie Musik oder Mathematik oder Schmuck. Was wir “Geld” nennen, ist kein “Ding”, sondern eine Methode, Dinge nach ihrer Struktur zu vergleichen, also im Verhältnis zueinander auszudrücken und etwa zu sagen: X entspricht sechsmal Y.”

Dem Schuld-Kult (Schuld und Sünde) wird ebenso gehuldigt wie verschwiegen wird, daß die “Schulden” des einen stets die Guthaben eines anderen sind.
Ein paar weitere Zitate zur Illustration der Darstellungsweise:

Wir wissen nicht genau, wann und wo verzinste Kredite ihren Ursprung haben, denn sie sind offenbar älter als alle schriftlichen Aufzeichnungen.” —

Staaten haben Märkte geschaffen. Märkte erfordern Staaten. Die einen könnten ohne die anderen nicht existieren, zumindest nicht in der Form, wie wir sie heute kennen.”

Von der fehlenden Differenzierung zwischen Mensch und Person bis hin zum ständigen Hin-und-Her-switchen zwischen Moral und Finanzen – es kommt wenig Klarheit heraus.

Ein “Verriß” des Kommunismus auf der Basis eigener Interpretationen gehört ebenso zum Repertoire wie die Vernachlässigung der verschiedenen Wertbegriffe, vor allem des Tauschwertes. An anderer Stelle diese Aussage – Zitat:

Märkte sind nicht real, sondern mathematische Modelle, geschaffen aus der Phantasie einer in sich geschlossenen Welt, in der alle die gleiche Motivation und das gleiche Wissen haben und den gleichen, am Eigeninteresse orientierten Austausch betreiben.”

Wir sehen also: hier werden die Stereotype der “gültigen” Lehre begründet, ohne sich daraus lösen zu wollen.
Eine echte Schenkökonomie wird gar nicht in Erwägung gezogen.

Sex, Tod, Gewalt, Ehre – alles wird dann durch die Mangel der “schulden-ökonomischen” Betrachtung gedreht, mit historischen Interpretationen und Fabeln gewürzt – sehr flüssig zu lesen.
Für den interessierten Menschen fakten- und aufschlußreich ist die ausführliche historische Betrachtung der Thematik, durch die verschiedenen Länder und Zeitepochen – allerdings kaum hinterfragt und stets im Rahmen der “gültigen Lehre” bleibend – auch hier nichts wirklich Neues.
Vielleicht kennzeichnen folgende Sätze aus der
Schlußbemerkung des Autors das Anliegen am besten: (Zitat)

In diesem Buch habe ich es weitgehend vermieden, konkrete Vorschläge zu machen. …aber bei all dem läßt sie nicht zu, daß irgend jemand das heilige Prinzip in Frage stellt, jeder müsse seine Schulden zurückzahlen.
Doch mittlerweile ist klar, daß
dieser Grundsatz eine schamlose Lüge ist. Diese Verpflichtung gilt nur für einen Teil von uns. …
Was sind Schulden überhaupt? Sie sind nichts weiter als die Perversion eines Versprechens, das von der Mathematik und der Gewalt verfälscht wurde.
Wir müssen uns nur folgendes bewußt machen: Niemand hat das Recht, uns zu sagen, was wir wirklich schulden. Niemand hat das Recht, uns zu sagen, was wir wirklich wert sind.”

Hier sind Anspruch und Grenzen des Buches recht klar umrissen – es geht nicht um die Loslösung von der falschen Vorstellung der bürgerlichen Ökonomie, daß alles einen bezifferbaren Wert hat und daß es Schuld, Sünde und Schulden gibt – vor allem nicht um das Aufzeigen von Alternativen.
Es wird deutlich, daß in diesen Grenzen eine Lösung des “Schulden”-Problems offen­sichtlich nicht denkbar ist, wenn man sich wieder auf irgendwelches “Recht” zurückzieht.

Resumee:
Von einem wissenschaftlichen Werk erwarten wir (wohl nicht ganz unbegründet) Klarheit in der Struktur, in den Begriffen und der Wortwahl sowie in den Aussagen – all dies ist hier nicht immer festzustellen.
Im Gegenteil – es wird an vielen Stellen verwischt und vernebelt – eine Loslösung aus dem Gedanken-Ghetto der bürgerlichen Ökonomie gelingt leider nicht.
Wissenschaftliche Beweise sind großteils durch Postulate, Behauptungen und Interpretationen ersetzt, die herrschende Geschichte als “gegeben” angenommen – wenig überzeugend. Positiv: der Quellennachweis.

Interessante Fakten und Anregungen zum Nachdenken gibt es jede Menge – aber ob dazu 500 Seiten nötig sind?

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Ähnliche Anregungen zum Nachprüfen und Überdenken – aber kürzer – seien dem geneigten Leser im Folgenden offeriert:

Fast jeder Mensch kennt den Begriff “Schuld” – zunächst als moralische Kategorie: wenn ich etwas verursacht habe, dann trage ich die “Schuld” an den Folgen.
Diese Schuld bekomme ich aufgehängt, und zwar unabhängig davon, ob ich das beabsichtigt habe oder nicht, und ob ich die Folgen vorher überschauen konnte oder nicht.

Schon hier tauchen diverse Fragezeichen auf.
Zum einen rufen die üblicherweise verwendeten Wörter geradezu nach einer Durchleuchtung der Begrifflichkeiten – Schuld “tragen” = eine dauernde Last mit sich herumschleppen – was damit wohl beabsichtigt ist?

Oder: “Ursache und Wirkung” – die ja nie als Einzelerscheinungen auftreten, sondern stets als unüberschaubares Geflecht bilden – jede einzelne “Wirkung” hat immer viele Ursachen, und da jede Wirkung ihrerseits auch wieder Ursache ist, entstehen diverse Neben-, Nach- und auch Rück-Wirkungen…
Andererseits wollen auch die Ethik und das Gewissen oft ganz andere Antworten geben als die aktuelle “Gesetzeslage” des BGB.
Dazu darf sich jede/r eigene Gedanken machen.

Üblicherweise sind wir alle so konditioniert, daß wir es als “richtig” ansehen, daß eine “Schuld” eine unbedingt “wiedergutzumachende” Verpflichtung beinhaltet.
Diesen moralischen Anspruch übertragen wir – bewußt oder unbewußt – auf die finanzielle Schuld – die Schulden. Und damit stecken wir schon in der Falle.
Denn wenn schon bei der obigen Betrachtung der moralischen Kategorie sehr viele Fragen offen bleiben, so trifft dies auf die finanzielle Kategorie noch viel mehr zu.

Betrachten wir also einen solchen finanziellen Schuld-Vorgang – er wird landläufig “Kredit” genannt. (siehe dazu nachfolgend: “Kredit – ein Dialog“)
Ich habe ein Bedürfnis, zum Beispiel nach Absicherung meines Wohnsitzes im Alter: da die Rente immer deutlich niedriger ist als mein Arbeitseinkommen, möchte ich im Alter keine Miete mehr zahlen – ich möchte ein eigenes Haus besitzen.

Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten.

1. Ich kann solange sparen, bis ich den Kaufpreis aus dem Ersparten begleichen kann. Problem dabei ist: durch die ständige Geldentwertung (Inflation) wird, bei kleinen Guthaben, der Wert des Gesparten kontinuierlich weniger, da die Zinsen für solche Guthaben die Inflation nur in sog. “guten Zeiten” des allgemeinen Wachstums ausgleichen können. Somit komme ich in in Verlegenheit, den zweiten Weg zu prüfen.

2. Ich kann einen Kredit aufnehmen – mich “verschulden” – und auf diese Weise den Kauf finanzieren. Neben dem Vorteil, ab jetzt die Miete zu sparen und schon im Haus zu wohnen, meine ich auch, der Inflation ein Schnippchen zu schlagen – bedenke aber nicht, daß ich mich dafür mit den (stets höheren) Zinsen belaste. Und mich in Abhängigkeit von der Bank begebe.

Denn meistens wird mir vor Abschluß des Kreditvertrages nicht der “reine Wein” eingeschenkt, sondern ich werde mit einseitigen Darstellungen und Versprechungen geködert – der Kreditvertrag ist nicht nur das beste Geschäft, das eine Bank machen kann – er ist auch eine Überlebensnotwendigkeit jeder Bank, ständig neue “Kunden” für solche Kreditverträge zu akquirieren – wir werden später sehen warum.

Gesetzt den Fall, ich rechne nicht beide Möglichkeiten selbst durch, sondern “lasse mich bequatschen”, dann sitze ich eines Tages in der “Bank meines Vertrauens” und beantrage einen Kredit.

Als erstes muß ich einen Eigenanteil zur Finanzierung des Hauskaufes erbringen – der Kredit wird nur für eine Teilsumme des Kaufpreises des Hauses “ausgereicht” – meist sind das höchstens 40% der Kaufsumme (warum sehen wir gleich).

Sodann muß ich der Bank das Recht auf bedingungslose Enteignung gewähren – schönfärberisch “Sicherheitsleistung” genannt: ich muß per Notar in das Grundbuch eine “Grundschuld” auf den Namen der Bank eintragen lassen, welche die Bank in die Lage versetzt, zu einem beliebigen Zeitpunkt (ggf. auch nach Abzahlung des Kredites!) mir das Haus wieder wegzunehmen – ohne daß ich dagegen etwas Wirksames unternehmen kann.

Nach diesen beiden Knebelungen setzt sich der nette Bankangestellte an seinen Computer und generiert ein paar Zahlen – die Kreditsumme auf meinem Konto und auf der Passivseite seiner Bankbilanz, sowie die Forderung gegen mich auf der Aktivseite seiner Bankbilanz – damit ist seine Bilanz wieder ausgeglichen – nur etwas “verlängert”.

Und er legt entsprechend der Vorschrift eine Summe von 1 oder 2 % der Kreditsumme als “Mindest-Reserve” zurück, welche er bei der Zentralbank deponiert.

Damit ist für ihn der Vorgang erledigt! (Dieter Hildebrandt erklärt das so)

Er hat “aus der Luft” (und nicht etwa aus den Einlagen der Kundschaft) die Kreditsumme generiert, hat dafür als “Sicherheit” das Eigentums-Recht auf mein Haus bekommen und kann nun geruhsam zusehen, ob und wie ich meinen Kredit monatlich zurückzahle.

Denn sollte mal ich in Zahlungsschwierigkeiten kommen, kann er locker das Haus für 40% des Wertes versteigern lassen und bleibt immernoch ohne Verlust – er geht also keinerlei Risiko ein.

Interessant ist dabei auch das sog. Annuitäten-Darlehen – sie gebräuchlichste und sicherste Form des Kreditvertrages. Hier wird nicht etwa ständig zu gleichen Teilen Kreditschuld und Zinsen bedient, sondern in den ersten Monaten werden praktisch ausschließlich Zinsen gezahlt und die Tilgung der “Schuld” ist minimal.

Dies dient der schnellstmöglichen Refinanzierung der “Reserve” – d.h. die Bank kann nach wenigen Monaten (meist unter einem halben Jahr) aus den “verdienten” Zinsen die bei der Zentralbank hinterlegte Summe wieder ablösen, ohne daß die Kreditsumme sich wesentlich verringert hat.
Damit steht dann der Kredit vollständig als “Luftgeld” da.

Wir haben nun gesehen, warum ein Kreditgeschäft das beste Geschäft ist, das eine Bank machen kann: es wird “aus der Luft” eine Kreditsumme generiert, diese wird vollständig (!) mit einem realen Wert (dem Haus oder anderen Werten) “abgesichert”, die sog. Mindestreserve ist nach einem halben Jahr wieder hereingeholt und die Zinsen kann sich die Bank jeden Monat aus real erarbeitetem Geld des Kreditnehmers “gutschreiben”.

Kommen wir nun zur Berechnung meiner “Abzahlung” – fälschlicherweise Kredit-“Rückzahlung” genannt – warum sehen wir jetzt.

Bei nur 5% jährlichem Zins – und darunter vergibt keine Bank (auch bei “Nullzinsen” der Zentralbank) einen Kredit für kleine Summen – zahle ich bei einer Laufzeit von nur 10 Jahren (d.h. beim Hauskauf mit einer hohen Tilgungsrate ergibt sich eine relativ hohe monatliche Zahlungssumme, die nicht jeder leisten kann) nicht nur den Kredit “zurück”, sondern insgesamt das 1,63fache der ursprünglichen Kreditsumme an die Bank.
Bei 15 Jahren ist es schon mehr als das Doppelte, und bei einer Laufzeit von 20 Jahren (alles beim selben “festen” Zins) ist es das 2,64fache!

Bei 6% Zinsen pro Jahr sind es in 10 Jahren bereits fast das 1,8fache, in 15 Jahren das 2,4fache und in 20 Jahren das 3,2fache der Kreditsumme, was ich an die Bank zahle.

Bei 7% Jahreszins bekommt die Bank in 10 Jahren fast das Doppelte, in 15 Jahren das 2,76fache und in 20 Jahren das 3,87fache der Kredisumme.

Freilich schmälert die Geldentwertung den tatsächlichen Reingewinn (nicht nominal, aber real, da die jeweilige Summe mit der Zeit immer weniger Kaufkraft hat), aber die Kreditzinsen werden stets höher als die Inflationsrate gehalten, und das Geld für den Kredit stammt ja “aus der Luft”, während meine Zahlungen “echtes” werthaltiges Geld sind.

DAS ist ein Geschäft – fast ohne Risiko bei geringsten Kosten eine solche Geldvermehrung aus dem NICHTS!

(dazu Hans Scharpf bei der Monetative)

Nun wundern uns die Bankpaläste in den Innenstädten nicht mehr, oder?
Naja, es zwingt uns ja keiner, Kredite aufzunehmen – jeder kann selbst entscheiden, ob er sich verschuldet oder nicht.

Wirklich?
Dann verrate ich jetzt mal das “Geheimnis”.
Die oben dargestellte Kreditgewährung bei der “Bank meines Vertrauens” ist die wichtigste und einzige Art, wie seit Installierung des Reserve-Systems (mit Gründung der FED 1913) Geld geschöpft wird.

Nicht die Zentralbanken sind der alleinige Geldausgeber – sie sind es nur an den Staat, und auch dort in Form der Verschuldung.

Das weitaus meiste Geld wird – entsprechend dem Mindest-Reserve-System – durch die Privatbanken geschaffen. Denn abzüglich der 1 – 2% Mindestreserve verbleibt ja die gesamte Kreditsumme im Bankensystem – sie wird vom Verkäufer des Hauses wieder (bei einer anderen Bank) eingezahlt oder ausgegeben und von seinen Gläubigern dann wieder bei einer Bank eingezahlt.

Es können also von der Kredit-Restsumme – stets nach Abzug der Mindestreserve – immer wieder neue Kredite ausgereicht werden – bis die gesamte ursprüngliche Kreditsumme als Mindestreserve (für ein halbes Jahr) bei der Zentralbank liegt.
Damit wächst die Summe aller Kredite insgesamt auf das 99fache (bei 1% Mindestreserve) bzw. auf das 49fache (bei 2% MR) des ursprünglichen Kredits.

Wenn aber jede Schuld zurückgezahlt würde, dann würde das Geld, das damit geschaffen worden ist, automatisch “verschwinden” – im Beispiel: wenn ich meinen Hauskredit vollständig tilge, dann werden die entsprechenden Summen aus der Bankbilanz sowohl auf der Aktivseite als auch auf der Passivseite einfach gestrichen – die Bankbilanz verkürzt sich wieder, und das aus der Luft geschöpfte Geld ist weg – übrig bleiben die Zinseinnahmen.
Diese sind aber mit dem Kredit gar nicht “geschöpft” worden, d.h. dieses Geld für die Zinsen gibt es im System gar nicht.
Wo kommt es also her?

Nun, es gibt nur den einen Weg der Geldschöpfung – eben die Verschuldung.
Es müssen also ständig neue “Schuldner” – sprich Kreditnehmer – gefunden werden.
Die Häuslebauer und -käufer sind ja irgendwann einmal alle – also müssen andere Kredite ran: zuerst die Verbraucherkredite (Auto, Möbel, Computeranlage etc.), dann die Unternehmenskredite (Fertigungserweiterungen, neue Technik, Ersatzinvestitionen etc.) und schließlich die Staaten, welche sich weltweit mit nur vereinzelten Ausnahmen bereits soweit verschuldet haben, daß eine Rückzahlung der Schulden rein objektiv nicht mehr möglich ist – es müßte das gesamte BIP jahrzehntelang ausschließlich für den Schuldendienst aufgewendet werden…

Schulden“ sind also eine objektive Notwendigkeit zur Geldschöpfung.
Von wegen: wir sind frei in unserer Entscheidung uns zu verschulden…

Wenn im Zins und Zinseszins der Mechanismus für den Wachstumswahn versteckt ist, dann ist im Schuldgeldsystem der Mechanismus für die Konkurrenz verborgen – dadurch daß sich die Schuldner gegenseitig das Geld für die Zinsen “abjagen” müssen – eben weil es im System nicht “vorhanden” ist.
In jedem Falle findet aber über diese Mechanismen die Umverteilung von FLEISSIG nach GELDREICH statt.

Denn jeder Schuld steht auch immer ein entsprechendes Vermögen gegenüber – die Schulden der einen sind die leistungslosen Einkünfte (plus Zinsen) der anderen.
Die BRiD hat also gar kein “nationales Schuldenproblem” – sämtliche Schulden könnten mit einem Schlag beglichen werden – aus den in der BRiD vorhandenen Vermögen.
Einziger “Schönheitsfehler”: die Schulden haben die einen (die Fleißigen), die Unternehmen und der “Staat” (die Verwaltungsorganisation), die Vermögen haben die anderen – die Super-Reichen.

Fazit:
Schuld“ ist ein jahrtausendealtes grundlegendes Macht- und Ausbeutungskonzept.
Es dient der leistungslosen Vermehrung von Reichtum durch Umverteilung von FLEISSIG nach GELDREICH und verbindet geschickt den moralisch-rechtlichen Begriff der Schuld mit dem finanziell-wirtschaftlichen der Schulden.
Durch die Vermischung von Schuld/Kreditsumme/Tilgung und Zins(eszins) in den “Abzahlungs-Raten” wird diese Ausbeutung verschleiert.

Zinsen werden nicht am Markt gebildet, sondern von der Zentralbank festgelegt!

Der “Geldschein” heißt nicht umsonst so – er ist nur noch der “An-Schein” von Geld, denn er hat keinen eigenen Wert – Geld in Sinne der bürgerlichen Ökonomie ist ein Wertgegenstand: eine Gold- oder Silbermünze.
Wie der US-Dollar, der in der VSA-Verfassung definiert ist – als Silbermünze der Reinheit 99,75% mit einem bestimmten Gewicht.
Das weltweite Papiergeld ist spätestens seit 1972, der Aufkündigung des Bretton-Woods-Systems, das eine teilweise Golddeckung der Weltleitwährung US-Dollar vorsah, durch keine realen Werte mehr gedeckt.

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Das meiste des hier am Ende Dargelegten wird man im sehr flüssig geschriebenen dicken Buch das angeblichen “Anarchisten” Graeber nicht finden – es wäre wohl zuviel Wahrheit für diese Gesellschaft.

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Nachbemerkung

In den vorliegenden 14 Abschnitten haben wir uns davon überzeugen können, daß die aktuell “geltende” bürgerliche Ökonomie – völlig unabhängig von ihren verschiedenen “Schulen” – in ihren Grundlagen von extrem fragwürdigen Annahmen und Voraussetzungen ausgeht – die aber als Postulate nie hinterfragt oder genauer betrachtet werden (dürfen?).

Was soll man aber von einer Wissenschaft halten, welche auf völlig falschen Grundlagen aufgebaut wurde?
Selbstverständlich kann man immer richtig “rechnen” (oder “prognosieren”) – wenn das Fundament in sich fehlerhaft ist, KANN das Ergebnis nicht stimmen.
Außerdem haben wir gesehen, daß gewisse “übliche” Begriffe aus dem “täglichen Leben” genutzt werden, um bei den Menschen “automatisch” bestimmte Vorstellungen hervorzurufen, die mit dem entsprechenden ökonomischen Begriff nichts zu tun haben.

Das beste Beispiel ist “der Markt” – jeder “Normalbürger” denkt dabei unwillkürlich an den Wochenmarkt oder den orientalischen Basar, wo verschiedene Anbieter frische, meist biologisch reine Waren aus der Region anbieten und man, mit ein wenig Feilschen und genauer Mengenbestimmung, dann meist zu einem für beide Seiten akzeptablen Ergebnis kommt.

Daß der “Markt” im Sinne der Ökonomie damit fast gar nichts zu tun hat, macht sich kaum jemand klar.
Denn auf dem Wirtschafts-Markt treffen nicht zwei einigermaßen gleichgestellte Partner aufeinander, sondern es gibt – wenn man sich mal von den sterilen Begriffen eines neutralen “Angebots” und einer unpersönlichen “Nachfrage” löst – ein Geflecht von total unterschiedlichen Akteuren: der Anbieter ist nicht immer der Produzent, die “eigentüm-lichen” (!) Querverbindungen und Finanzierungen über die Banken sind schwerlich zu überblicken, über Monopole, Oligopole und (offiziell natürlich “verbotene”, aber dennoch praktizierte) Absprachen wird die Preisbildung nach “Angebot und Nachfrage” ausgehebelt, über die Werbung sind die privaten Käufer weitgehend manipuliert, die “Verbraucher” entscheiden weder rational noch sind die informiert, die Belastung der Akteure mit Steuern und Abgaben ist keinesfalls gleich, wer hinreichend geldreich ist, kann sich das “Recht” erkaufen und kann gigantische leistungslose Einkommen kassieren, und so weiter und so fort.

Von all dem ist auf dem uns allen geläufigen Basar oder Wochenmarkt nichts zu merken – und daher ist die Bezeichnung “Markt” in der Ökonomie mit Bedacht gewählt – um uns alle über den wahren Charakter des “Marktes” in die Irre zu führen.

Ähnlich verhält es sich mit dem Begriff der Schulden, der sich vom rein moralischen Begriff der Schuld ableitet.
Und
genauso wird überall auf dem Gebiet des sog. Rechts verfahren: Begriffe aus dem Alltag werden mit völlig anderen juristischen Inhalten belegt und dementsprechend auch verwendet – versuchen Sie mal, mit einem Juristen über irgendein Alltagsthema zu sprechen – sehr schnell merken Sie das Doppelsprech.

Einzige Chance, sich Klarheit zu verschaffen: ein juristisches Wörterbuch, z.B. Kübler, kaufen und nachlesen, was denn dieser oder jener Begriff WIRKLICH, d.h. rechts-wirksam, bedeutet.
Zur sog. “bürgerlichen Wirtschaftswissenschaft” bleibt also nur, allen aus-gebildeten Ökonomen ans Herz zu legen, die WiWiWi-Darlegungen in Ruhe durchzulesen und mit den realen Fakten zu vergleichen.

Nach meinem Verständnis ist diese “grund(lagen)lose” bürgerliche Ökonomie in ihrem Gesamtaufbau nicht “zu retten” – sie muß von Grund auf neu aufgebaut werden, wenn man eine einigermaßen brauchbare Übereinstimmung mit der “wirklichen Wirtschaft” erzielen will.
Denn aus den berichtigten Grundannahmen werden ziemlich zwingend total andere Gesetzmäßigkeiten folgen.

Und dann können gewiß auch gestellte Prognosen die künftige Entwicklung realitätsnah darstellen.
Bis dahin bleibt es dabei: seit Bestehen der BRD hat kein einziges Gutachten der sog. “Wirtschaftsweisen” jemals eine nachfolgende Entwicklung einigermaßen richtig vorausgesagt – wem das nicht zu denken gibt…

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Weiterführende Literatur:

www.wissensmanufaktur.netRico Albrecht – Plan B + Steuerboykott

Robert Kurz – Schwarzbuch Kapitalismus als pdf


Dringende Leseempfehlung:

Wirklichkeitsnahe Wirtschafts-Wissenschaft – Die künftige Ökonomie

 

7 Kommentare

Eingeordnet unter Bildung, Dreckskapitalismus, Manipulation, Recht, Schuldgeld, Wissenschaft

7 Antworten zu “Wirtschaftswitze (7)

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  2. topal

    Echte Schuld und falsche Schuld. Missbrauch echter Schuldgefühle. Die Induzierung falscher Schuld würde nie gelingen, gäbe es nicht auch echte, wirkliche, authentische Schuld.
    Das gleiche mit „Ergebenheit“ und Unterordnung… Es gibt kosmische Gesetze, denen zu folgen man nur empfehlen kann. Diese Bereitschaft des Einzelnen zur Einordnung wird missbraucht um ihn (Menschen-gemachte) Gesetze befolgen zu lassen, die oft genug kosmische Gesetze brechen.

    Dazu gehört, dass der Mensch das Absolute sucht, um sich danach auszurichten. Wenn der Mensch etwas als absolut setzt (und dann so erfährt), was aber nicht absolut ist, wird er betrogen und kommt ins Straucheln.
    Ohne die religiöse Dimension bei der Betrachtung zu berücksichtigen wird man sich im Kreis drehen.
    Ich empfehle zum Einstieg, von Eugen Drewermann:

    Strukturen des Bösen – Die jahwistische Urgeschichte in exegetischer/psychoanalytischer/philosophischer Sicht: 3 Bde.

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  3. fini09

    Also, zu „Ur-geschichte‘ gibt es im DWB zur ‚Ignoranz-Beseitigung‘ wirklich ‚erst-klassige‘ Meister-werke..Danke fuer den Hinweis.
    https://dudeweblog.wordpress.com/2014/12/28/die-neue-weltunordnung-historisch-aufgeschlusselt-und-durchleuchtet/

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  4. Eierdrücker

    Wirtschaftswitz!
    Es zirkulieren 600Mio. 500 €-Scheine.
    Das sind diese Scheine die ständig im Umlauf sind.
    Jeder hat sie und sie werden täglich beim Becker benötigt.
    300.ooo.000.ooo€
    Diese Scheine können zwar nicht rollen wie Taler, dafür ist das Wandern ihre Schwäche.
    Es sei denn, sie werden als kleine Röllchen in Kugelschreiber gesteckt und an Abgeordnete und verwandte Spezies dann als Petitessen verschenkt.
    Zustupf für treue Dienste – so eine Art Tafel für bedürftige Volksvertreter.
    In Brüssel ist der Bedarf an Kugelschreibern weltweit mit großem Abstand Spitze.

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  5. luckyhans

    @ Eierdrücker:
    … da wird verständlich, warum manche so hartnäckig von „Politischer Ökonomie“ sprechen… 😉

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