Rückführung ins eigene Leben

Im folgenden ein weiterer Gastartikel von Magnus Göller, der uns per Epost erreichte. Dudeweblog dankt!


Ich habe mich schon oft über die Rückführerei in sogenannte vorige Leben gewundert, mir eine derartige Prozedur bewusst nicht angetan. Ich will nicht wissen, ob ich einmal Dschingis Khan oder Napoleon, noch schlimmer, gar Goethe, oder wenigstens eine Wanderhure war, die mit dem Kardinal von Sowowo schlief.

Mir geht es um die gezielte Steuerung von Erinnerungen.

Nicht im Sinne einer Manipulation dergestalt, dass sie verdreht, geschwächt, eigentlich verändert würden. Sondern einerseits geschärfter wahrgenommen werden, intensiver, dass man sich erlaubt, alles schöne Erlebte wieder zu erleben und gar noch weiterzudenken.

Und zwar einfach selber. Ohne Therapeuten, ohne Psychiater. Ein Freund, die Frau [Anm. Dude: Oder der Mann] an der Seite kann dabei ohne weiteres mittun.

(Eine etwas zynisch-düster geratene Heranführung ans Thema findet man, jetzt will ich zur Fröhlichkeit, hier.)

Man kann Selbstheilungskräfte in Gang setzen, dass jeder Arzt blass wird. Man kann sich an Muskeln erinnern, wie man sie einmal hatte, und sie wachsen bei sonst geringem Aufwand nach.

Man kann sich auch an sonstige gehabte Fähigkeiten erinnern, und sie kehren schnell wieder. Vielleicht sogar gleich noch feiner, da man die gewonnene Lebenserfahrung noch dazuträgt.

Grundbedingung für ein erfolgreiches Vorgehen ist, dürfte sein, dass man nicht hadert; es geht nicht um ein „Oh wäre es doch so gewesen, so gekommen!“. Damit wird nichts erreicht, bestenfalls.

Mit Sicherheit verbessern lässt sich bei entsprechender Rückschau allemal Sprach- und Sprechfähigkeit: man lernt viel leichter abzurufen, was man schon gehört, was man kennt.

Ab und an sind auch grause Lagen zu erinnern; ohne geht es wohl nicht; die schönen aber in ein erträgliches Übergewicht zu bringen, das ist die Kunst.

Ich denke an ein dionysisches Lachen mit einem Freunde, an einen Satz, einen Blick meiner Frau: Und die Welt geht auf.

Sich zu schönen Dingen immer noch schönere dazudenken. Was die physische Welt mir nicht gab, gibt, das habe ich schon im Geiste. Neuerschaffung der Welt.

Ich weiß, dass das etwas wahnhaft klingt. Und man sollte es damit auch wahrlich nicht übertreiben. Ich weiß aber auch, dass es „funktioniert“.

Ja, ganz hart: Psychologen und Ärzte massenweise arbeitslos machen. Nicht dass dies das Ziel wäre; es ist ein für diese Leute zunächst bedauerlicher Nebeneffekt. Man schule sie zu anständigen Lehrern um: Die werden stets gebraucht.

Ganz wesentlich geht es auch um die Befreiung von der Angst. Anschauen, was man alles schon durchstanden hat: Wieso sollte man es diesmal nicht durchstehen?

Kraft aus der eigenen Geschichte. Was sind schon „Traumata“? Hat die nicht jeder, jede Menge davon?

Wollen wir all unsere „unverarbeitete“ Erinnerung allein unseren Träumen überlassen? Nachsitzen im Schlafe?

Ecce Homo! Sieh da, ein Mensch! Ja, die Epikureer sind darinnen, Konfuzius ist es auch, Nietzsche zumal. Cervantes nicht zu vergessen.

Das Atmen, die Durchblutung. Das Fließen der Kräfte und Säfte. In sich, in seinen Leib hineinhorchen. Ihn wieder zu sich selbst wachsen lassen.

Dem Geiste, immer noch besser im Leibe wohnend, die Vorhand verschaffen, die ihm gebeut. Mehr als nur ein Wiedererstehen.

Vielleicht rede ich ein wenig in Rätseln. Dem ist, so gut als ich es auf dieser kurzen Strecke vermag, abzuhelfen.

Liebe ganz leben. Einfach auf das Schöne schauen und es manchmal, wo es jäh unterbrochen, einfach noch weiterdenken. Kraft aus Kraft. Aus dem Schönen wächst immer noch mehr Schönes.

„Umwertung aller Werte“: teils jedenfalls.

Allzuviel unseres Blickes auf das Erlebte ist vom „Ergebnis“ her gesteuert. Also, dass wunderschöne Augenblicke darunter begraben, dass hernach Bitteres folgte. Befreiung der Erinnerung! Befreiung des Ichs!

In DIESEM Leben das Schlimme auflösen, das Schöne vor Augen haben!

Ich habe natürlich keine Ahnung, nicht Psych studiert, nichtmal Lehrer, obschon ich das schon lange bin, niente, nada.

Ich gebe Ihnen, als Vater und Dichter, lediglich einen Vorschlag zum Bedenk.


Der Artikel kann gemäss Dudeweblog-Konditionen (allerdings nur in unveränderter Fassung) gerne als Volltext übernommen werden.


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10 Kommentare

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10 Antworten zu “Rückführung ins eigene Leben

  1. thomram

    Rundum einverstanden, lieber Magnus, mit einer Einschränkung.
    Heute mache ich Solcherlei, was du skizzierst.
    Ich kann das aber nur, weil ich auch erst im Kindergarten und in der 1. und 2. Klasse war, das heisst, ich habe meine ersten Erfahrungen mit meiner Vergangenheit unter Anleitung gemacht.
    Es dürfte der normale Weg sein. Der Mensch benötigt zuerst Anleitung und Begleitung.
    Zudem:
    Auch heute, da ich sowas wie halberleuchtet bin – wenn es mir mal ganz beschissen geht, kommt es sogar heute vor, dass ich ein Ohr benötige und ein Herz, welches mir etwas spiegelt, was ich selber in der Not nicht erkennen kann.
    🙂
    Aber ja. Wir werden mehr und mehr schlicht in uns selber erkennen, wer und was wir sind.

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  2. @ thomram
    Ich bekomme das von mir Beschriebene (natürlich?) auch nicht stets so hin, wie ich das gerne hätte.
    Wenn man nun aber vom Gewesen auch ins Gewesenauchnochhätteseinkönnen eintaucht, ist zunächst daran zu denken, dass man sehr leicht, bei den üblen Dingen, die einem widerfuhren, von sich schiebt, wie noch viel übler es hätte ausgehen können. Im „Irrealis“ pflegen die Leute meist sehr überwiegend dessen zu klagen, was für ein Pech sie doch hatten.
    Es geht bei dem, was ich ansetzte, eben nicht darum, sich sinnloserweise andere Vergangenheiten herbeizuwünschen, sondern einerseits den Wert des Erlebten nicht unter Negativem und Enttäuschungen zu begraben, ja andererseits auch einmal zu imaginieren, man lachte jetzt mit dem verlorenen Menschen, man hätte mit ihm zusammen noch einmal die Ostsee gesehen, die Freude am Himmelslicht mit ihm geteilt.
    Werden derartige Projektionen nicht zur Obsession, so vermögen sie manchen Schmerz wenigstens zu lindern, wenn nicht irgendwann gar aufzulösen.
    Und, wie Du sagst, der sich immerhin nur als so eine Art Halberleuchteter bezeichnet: Man sollte sich auch von den richtigen Leuten helfen lassen. Man kann – nicht jeder kann – auch da nicht immer alles allein.
    Meine Kinder verloren sehr früh ihre Mutter, mussten dann mit ihrem Vater auskommen, der, wie der Schwab sagt, „faschd bloß Pfärz em Kopf hod“, was mich auch heute noch immer wieder sehr traurig stimmt.
    Jetzt ist ihr Leben ab da aber nunmal so gelaufen, wie es gelaufen ist, und ebendiese Traurigkeit hilft ihnen erst recht nicht weiter. Auch nicht, wenn ich dauernd darüber nachdenke, was ich versäumte, dass ich zuwenig Zeit für sie aufbrachte usw.
    Ich schweife ein wenig ab.
    Manche Gesundungsprozesse können sehr lange dauern. Oft geht es drei Schritte vor, dann wieder zwei zurück.
    Schafft man es, seine Einstellung zur Vergangenheit zu verändern, eben mit dem Hauptaugenmerk auf das Schöne, statt des Verderblichen, ohne letzteres zu verdrängen, so bewirkt dies einen bedeutenden positiven Einfluss darauf.
    Und die Hauptarbeit dabei muss man eben selber verrichten. Da beißt für mich die Maus kein‘ Faden ab.
    LG

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  3. suspect1

    Das war einer der besten Artikel, den ich vom Menschen Magnus bis jetzt gelesen habe. Ich bin noch hier. Die Erkenntnis, weiß Satan, woher sie kommt, ist dir zuteil, dass es alles gibt. Ich bin gespannt, wie es weiterläuft. Wie du das dann mit der Zeit verknüpfst. Meine absolute Hochachtung für einen Artikel, der zuende gedacht, aber nicht geschrieben noch ist.

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  4. @ suspect1
    Herzlichen Dank für das mächtige Lob!
    Lustig: Ich habe in der Tat noch einen (unfertigen? – ich weiß nicht, seit Wochen nicht angeschaut) Artikel zum Thema Zeit auf Halde, in dem der Angang eher von der Grammatik, unserer Rede her philosophisch, den ich, eben aufgrund dieses Hinweises bzw. des obigen neuen, vielleicht noch mit dem Thema hier enger verknüpfen werde.
    Vom Satan kömmpt bei mir allerdings nichts. Sollte es ihn geben, was ich mehr als bezweifle, so weiß er meines Erachtens nicht allzuviel, kann er noch weniger, bedeutet er mir doch selber endlich nichts. Allenfalls so viel, alswie er, da er anderen etwas bedeutet, in sein Ungezieferloch zurückzuverweisen ist.
    Ich brauche und suche auch generell kein „Channeling“. Egal von wem. Ich habe gelernt, mir die Sachen selber zu holen.
    Was allerdings nicht heißt, dass ich eventuell doch Durchkanaltes, wofern interessant und botmäßig dargetan, nicht als solches gekennzeichnet gerne zum besten gäbe.
    (Ich vermute mal, dass den Durchkanalern gute Gründe, sich mich bislang nicht herausgesucht zu haben. Ich ließe mir indes durchaus einmal, gut vorgetragen, etwas diktieren: warum auch nicht? Hernach setzte es aber, wofern der Text überhaupt erwähnenswert, sehr wahrscheinlich gleich meinen Kommentar dazu. Auf einen so unzuverlässigen, wenig steuerbaren, ungläubigen Transmitter legt man bei denen, das verwundert mich zuwenigst nicht, wohl keinen besonderen Wert.)

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  5. Rückführung ins eigene Leben: Am Anfang war Finsternis, und außer der Finsternis war nur ich. „Es werde Licht!“ Aber es geht auch ohne.

    Kann ich mich selbst zu Ende denken, bevor ich überhaupt geboren worden bin?

    Frage: Was macht der moderne Mensch ohne Internet?
    Antwort: Leben ohne Internet.
    Frage: Wie geht Leben ohne Internet?
    Antwort: Als Antwort kommt nur leichtes bis übertriebenes Achselzucken.

    Wenn ihr demnächst irgendwo einen Menschen trefft, der unentwegt mit den Achseln zuckt, dann wißt ihr wie echtes Leben ohne Internet geht.

    Frage: Was fehlt noch für die Rückführung ins eigene Leben?

    Diese Frage will beantwortet werden. Diese Frage verlangt nach einer Antwort. Diese Frage zwingt zu einer Antwort. Diese Frage läßt man sich am besten von einem Außenstehenden beantworten. Doch wo finde ich einen Außenstehenden? Denn alle anderen sind nur Innenstehende. Und wo stehe ich selbst? Da mich also niemand ins eigene Leben zurückführen kann, stehe ich also noch ganz am Anfang. Am Anfang war Finsternis …
    Schnitt, das erste was ich von der Welt wahrnahm, war Licht, dann gestaltete ich die ganze Welt. Die Welt, ohne mich wäre sie nie geboren worden. Doch ich wurde auf brutalste Weise geboren, und was ich so lernte, gab ich an mein Lebenswerk, die Welt, weiter. Seither bekämpfe ich mich. Eine Rückkehr ist unmöglich. Trotzdem gehe ich jetzt heim.

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  6. @ Jochen
    Deine lyrische Prosa bleibt mir doch seltsam rätselhaft.
    Das Internet ist letztlich auch nur ein Mittel: wie früher der Stock im Sande.

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  7. suspect1

    Lieber Magnus.
    Dann freu ich mich, ob du verstanden hast, auf das, was du vervollständigen kannst. Channeling ist so eine Sache, die je nach Sexualität mehr oder minder berücksichtigt wird. Oder begriffen sein kann. Oder spürbar ist, soll auch mit scharfen Essen so sein.

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  8. @ suspect1

    Ich weiß schon gar nicht mehr so genau, was ich wie vervollständigen wollte. Mancher Vogel fliegt mir davon. Er wird aber schon noch irgendwo sein. Achso, mir fällt gerade wieder ein, wo er fliegt…
    Channeling ist eher was für Weiber. Erstens mag es ihnen besser gefallen als Männern, weshalb es leichter kommt. Zweitens glaubt man ihnen leichter. Und drittens müssen sie sich nicht so zwanghaft einbilden, selber etwas herausgefunden zu haben, wie wir Männer. Es schmückt sie auch so. Ach ja, und fünftens sind sie ja sowieso sensibler und überdies sensitiver. Multi und poly.

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  9. suspect1

    @ Magnus
    Meist setzt sich der Vogel auf einen Ast, wenn er ruhen will. Mit der Sonne kommt das Laub und der Vogel wird bis zum Herbst unsichtbar.
    Frauen und Channeling. Was für ein Gegensatz, woher soll ich wissen, was ich denken soll, wenn ich es nicht vorher ausspreche..
    Sie sprechen und dabei wird es aufgeschrieben und dann wird es gelebt. Alles auf Anweisung, jedoch braucht ein wacher und freier Geist keine Anweisung, denn er ist. Warum brauchen dann die ChannelDamen immer ein geflüstertes Kommando, damit sie wissen, was sie tun und wie sie sich verhalten sollen? Warum müssen Frauen immer nach einer Doktrin leben? Warum beeinflussen sie somit ihre Umwelt damit und warum ziehen diese Wesen Kinder auf, die später zu Mördern, Diktatoren oder anderem Geschmeise und Aussatz der Gesellschaft werden? Ist ihre Flucht in eine andere Welt, in der sie hören und dann horchen, später gehorchen in Wirklichkeit eine Flucht, ein Ausweg, eine Ausrede für ihre Unvollkommenheit oder haben sie nur einen an der Klatsche?
    Deine Ausführung zu dem obigen, deinem Thema wäre für mich interessant, selbst die Niederschrift des Schreiberlings würde Quanten in ihm selbst und möglicherweise ein morphogenes Feld bewegen.

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  10. @ suspect1

    Viele Fragen auf einmal. Provokativ auch. Gerne, gut so. Grade will ich aber nur auf die letzte (indirekte) antworten. Und auch das nur halb. Der Text ist da, wird voraussichtlich bald gedruckt erscheinen. Wird dies Wirklichkeit, so gebe ich hier bescheid wo.
    Die Frage nach den Channeling-Frauen ist eine eigene. Eine spannende Frage allerdings. Vielleicht mache und bringe ich bald mal extra was dazu. Kann aber auch dauern. Ich bin was Veröffentlichen anlangt zur Zeit nur mindertätig.
    LG

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