Zauberinsel Bali Teil II

Wie am Ende des ersten Teils dieser Reiseberichtserie versprochen, setze ich diese Reihe in Teil II nun – mit Fokus auf die Licht- & Schattenseiten des Tourismus – fort.

Viele Zauberinseln bergen einen gewissen Reiz in sich, welcher mit der diesem Reiz innewohnenden Anziehungskraft wie ein Magnet auf Besucher aus aller Welt wirkt, was sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf Land, Leute und Kultur mit sich bringt. Bali ist diesbezüglich ein anschauliches Musterbeispiel.

Aus rein materialistischer Warte heraus betrachtet, ist der massgeblichste positive Faktor, dass die vielen Touristen – darunter sehr viele Chinesen, Australier und Russen, als auch so einige Amis, Japaner und Inder, während Europäer vergleichsweise eher selten anzutreffen sind, was mitunter wohl insbesondere auch darin begründet ist, dass die Reisezeit von 14 – 16 Stunden reiner Flugzeit nicht jedermann/fraus Sache ist – eine stattliche Menge an Devisen ins Land spülen, was vielen Balinesen, finanziell gesehen meist eher arme Menschen (von den höheren Kasten mal abgesehen – wie könnt’s anders sein…), Arbeits- & Verdienstmöglichkeiten im Tourismussektor beschert.

Zwar wird in Konsequenz daraus die Infrastruktur (z.B. die sauber ausgebauten Hauptverkehrsadern) des Eilands besser und für manche Einheimische steigert sich der Lebensstandard auf materieller Ebene (wenn auch nur in geringem Masse), doch birgt dies auch Schattenseiten, wie beispielsweise eine explosionsartig steigende Verteuerung jedweder Produkte und Güter (manche mehr, andere weniger), was die gesteigerte Kaufkraft der Durchschnittsbevölkerung durch die Devisenschwemme meist schnell wieder zunichte macht, oder sich gar zu einem letztendlichen Kaufkraftverlust verkehrt.

Aufgrund des vornehmlich im südlichen Teil der Insel florierenden Tourismus, zieht es viele Balinesen aus den – landschaftlich traumhaft ästhetischen, eher karg besiedelten – ländlichen Regionen in den Süden, was die dortige Überbevölkerung und Verkehrsüberlastung noch zusätzlich verstärkt, und überdies einer der Hauptgründe für die explosionsartige Verteuerung (z.B. die Mieten) ist.

Als massgeblichste Schattenseite ist indes jedoch ein durch die Angleichung an westliche Standards ausgelöster, schleichender Verlust der grossartigen und weltweit einmaligen Kultur zu nennen, den nicht nur ich persönlich wahrgenommen habe, sondern auch – wie in diversen Gesprächen festgestellt – manch andere sich nicht dem All-inclusive-Massentourismus hingebende Besucher Balis. Viele v.a. junge Balinesen sehnen sich – aufgrund der täglich gesehenen Anschauungsbeispiele von Touristen, die mit Geld um sich werfen, als hätte das Fass des Portemonnaie keinen Boden – richtiggehend nach dem westlichen Leben, ohne sich darüber bewusst zu sein, welch grosse Einbussen an Lebensqualität abseits der rein materialistischen Warte ebendieses Leben mit sich bringt.

Um obigen Worten noch zusätzlichen Nachdruck zu verleihen, im folgenden ein Zitat von Alika Lindbergh aus dem Journal Franz Weber Nr. 107. Ich bitte geschätzte Leserschaft darum, kurz innezuhalten und darüber nachzudenken.

[…]
Indem wir Schritt für Schritt die seit Menschengedenken geltenden, grossen emotionalen und spirituellen Werte hinter uns gelassen haben und nur noch materiellen Errungenschaften wirkliche Bedeutung beimessen, haben wir die Essenz des Lebens sterben lassen.
[…]

Zwar werden nicht nur negativ zu klassifizierende Trends und Lebensweisen aus dem Westen importiert bzw. übernommen, sondern mitunter auch überaus erfreuliche – was einen positiven Effekt der Durchmischung der Kulturen darstellt -, doch überwiegen leider die Schattenseiten, und dazu kommt, dass es jenseits von positiver Durschmischung ist, wenn die eine Kultur (die Fremde), die andere Kultur (die Althergebrachte) zusehends verdrängt, anstatt mit ihr in eine erbauliche Symbiose zu gelangen.

Denn die durch die Besucher der Insel ausgelöste Devisenschwemme erreicht leider nur in geringem Masse auch wirklich die Durchschnittsbalinesen – nicht zuletzt auch, weil manch eine/r zu ausbeuterischen Hungerlöhnen angestellt ist; wo ist’s anders? -, weil ein grosser Teil dieses Geldkuchens einerseits bei der hochkorrupten indonesischen Regierung, und andererseits in den Taschen international tätiger Hotelkettenverbrechersyndikaten landet, welche überdies auch einige der schönsten Landstriche mehr und mehr mit Hotelkomplexen, Resorts und Villen für Gutbetuchte zukleistern – als private property von schlechtbezahltem Sicherheitspersonal gut bewachte gated communities selbstredend.

Die Gegensätze sind teils zum Himmel schreiend. Während die Einheimischen vielfach als ganze Familienclans (die Balinesen haben einen sehr ausgeprägten Familiensinn) in sehr kleinen (und im Verhältnis zur Grösse überraschend teuren) Wohnungen leben, steht vergleichend als Gegensatz dazu der ungeheuer dekadente Luxus ausländischer Geldsäcke.

Als womöglich eindrucksvollstes Musterbeispiel einer dieser eingezäunten Gemeinschaften ist das 77 Hektaren umfassende Ayana Resort & Spa (ehemals ‚Ritz‘), mit eigenem, 1.3km langem Küstenstreifen, im Nordwesten der südlichen Halbinsel Bukit Badung (südwestlich von Jimbaran) zu nennen.

Bukit Badung - Halbinsel im Süden Balis

Bukit Badung – Halbinsel im Süden Balis

Einer Resort-eigenen, perfekt ausgebauten Strasse folgend, gelangt man, durch Urwald fahrend, nach einer Weile zu einer Schranke mit akribischer Sicherheitskontrolle (eine Ausnahmeerfahrung wo sogar mein kleiner Rucksack durchsucht wurde). Nach passieren dieser fährt man knapp fünf Minuten weiter durch einen Privaturwald und gelangt dann zu einem riesigen Parkplatz, sowie dem Foyer. Die mit erlesenstem Marmor gebaute Eingangshalle passierend, gelangt man in den inneren Bereich der Anlage, in welchem sich eine weitläufige, prachtvolle Gartenanlage, mehrere masslos überteuerte Restaurants und Bars, einige luxuriöse Boutiquen, sowie die Resort-eigenen Villen befinden.

Ayana Luxus-Hotelkomplex

Blick von innerhalb Richtung Foyer des Ayana Luxus-Hotelkomplexes

Der Preis für eine Nacht in einer der teureren Suiten oder Villen in diesem Resort entspricht in etwa dem durchschnittlichen Halbjahresgehalt der Einheimischen, wobei in der höchsten Preisklasse auch Villen erhältlich sind, welche pro Nacht einem knappen 10-Jahresgehalt eines Balinesen entsprechen! Weitere eindrucksvolle Bilder finden sich auf der eigenen Website dieses an Dekadenz kaum zu überbietenden Luxusresorts.

Ein Hohn sondergleichen ist jedoch allein nur schon der Preis für ein kleines Bier (75’000 Rupiah + 21% Tax & Service = ~7 SFr.), der in etwa dem doppelten entspricht, was eine ganze durchschnittliche balinesische Familie in zwei Tagen für Essen und Trinken ausgibt!

Selbstverständlich habe ich bei meinem Besuch des Resorts, zumal unvereinbar mit meinem Gewissen (wie auch mit meinem Budget 😉 ), nicht mal eine Rupiah dort liegengelassen, sondern bevorzugte es dessen statt, im Bhakti Café des nahegelegenen Jimbaran – an einem Tisch mitten im Strand mit Sicht auf den Sonnenuntergang – einen selber ausgewählten, tagesfrisch gefangenen, ca. 700 Gramm schweren, auf Kokosnussschalen grillierten Changi (örtlich verbreiteter Fisch; qualitativ gleichwertig zum Schnapper) mit einem Korb voll Reis, einem Teller Seealgen (sehr gesunde und nahrhafte Gemüsebeilage) und vier verschiedenen Saucen für in etwa den gleichen Preis zu geniessen; das kleine Bier im Preis inklusive!!

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Sonnenuntergang in Jimbaran – Aufgenommen vom mitten im Strand stehenden Esstisch

Aber zurück zum als perfektes Anschauungsbeispiel der Ungleichverteilung dienenden Garten der Dekadenz. Durchquert man – vorbei an vielen Sicherheitsleuten und Überwachungskameras – die eindrucksvolle Gartenanlage in Richtung Meer, gelangt man zu steilen, scharfkantigen Klippen, die unpassierbar wären, böte der Resortkomplex nicht eine eigene Standseilbahn an, welche einen die Klippen hinab zu weiteren Bars, Restaurants, Pools und den hauseigenen Stränden führt.

Um von da weg zurück zum Parkplatz zu kommen, darf man einen gut und gerne 15 Minuten dauernden Fussmarsch einplanen. Zunächst führt eine Treppe die Klippen hoch zurück in die üppige Gartenlandschaft, vorbei an den luxuriösen Villen mit eigenem 24-Stunden-Butlerservice, sowie weiterer überteuerter Restaurants, und schliesslich wieder zurück durch’s Foyer.

Spätestens an dieser Stelle muss einem die unglaubliche Gelassenheit und der grossartige Gleichmut der Balinesen auffallen. Obwohl die dort arbeitenden Individuen – in vollstem Wissen um die augenscheinliche, der Gerechtigkeit unter den Menschen ins Gesicht spuckende Ungleichverteilung – pro Tag nicht mal annähernd so viel verdienen, wie ein Durchschnittshotelgast allein schon für seine täglichen Getränke ausgibt, gehen sie ohne sich gross (wenn überhaupt) darum zu kümmern, 6 Tage die Woche pflichtbewusst und redlich ihrer Arbeit nach; Tag für Tag, Monat für Monat.

Als Quintessenz dieses Berichtes nun an dieser Stelle die eindringliche Bitte von meiner Seite her: So Du in Erwägung ziehst, die Zauberinsel Bali zu besuchen, buche keinesfalls ein All-Inclusive-Angebot, halte Dich von den vom Tourismus überschwemmten Gebieten – so gut es geht – fern, meide Hotelkomplexe und Resorts generell und v.a. achte darauf, dass Dein Reisebudget möglichst direkt und in Gänze der einheimischen Bevölkerung zu Gute kommt. Ansonsten kannst Du gleich an den Ballermann reisen, um Dir die Hucke mit billigem Sangria vollzuhauen, oder auf Gran Canaria zum Golf spielen fahren. 😉

Damit schliesse ich Teil II des Reiseberichts ab. Weiter geht’s demnächst mit Teil III. Im ersten Teil entsteht überdies eine Kapitelübersicht.


Eine Volltext-Übernahme dieser Artikelserie ist nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Dudeweblog-Redaktion erlaubt.


Nachtrag vom 22.12.2014

Der Autor Thomram, selber in Bali wohnhaft, klärt darüber auf, wie Bali zugunsten von profitgierigem Blutgeldgesindel weiter versaut werden soll.

Ein Auszug:

[…]
Die Hotelbautätigkeit in Gebieten mit schönen Stränden in Bali explodiert. Explodiert! Wenn du mit genügend Milionen oder Milliarden anrückst, im richtigen Gebäude am richtigen Schreibtisch genug davon unten durchreichst, kannst du, der du nichts Schlaueres mehr mit deiner Kohle anzufangen weisst, deine Riesenanlage hinscheissen, wo es dir beliebt.

Gesamtplanung zum Wohl von Mensch und Natur gibt es wohl, aber die wird im richtigen Gebäude am richtigen Schreibtisch unterwandert.

Das urspüngliche Bali geht vor die Säue.
[…]

30 Kommentare

Eingeordnet unter Bewusstsein, Bilder, Dreckskapitalismus, Menschen, Recht, Schuldgeld, Weisheit

30 Antworten zu “Zauberinsel Bali Teil II

  1. @Agronautiker

    na das ist doch schön, wenn da noch mehr kommt.

    Vorerst werde ich leider noch davon abgehalten, an Teil III weiterzuschreiben. Weiss nicht, ob ich heute noch dazu komme.

    Deine Doku habe ich mir angesehen. V.a. der vierte Teil hat mir sehr gut gefallen, zumal ich persönlich weniger wegen des einzigartigen Bali-Hinduismus, der Tempel, Zeremonien und Feste (mehr dazu in einem Folgeteil der Serie), geschweige denn wegen Büffelrennen oder Hahnenkämpfen, sondern v.a. zum Erleben der Natur dieser zauberhaften Vulkaninsel da hin gereist bin. Zum Besuch einer heiligen Quelle hat’s bei mir leider nicht mehr gereicht, aber Märsche durch den Regenwald habe ich mehrere gemacht. Wenn es Dir genehm ist, binde ich diesen vierten Teil voraussichtlich in einem Folgebericht der Serie ein.

    Geschätzt würde ich mal sagen, Etwa ein Zehntel der Insel ist von den Folgens des Tourismus verseucht.

    Verseucht ist m.E. ein zu starkes Wort, denn wirklich verseucht ist ’nur‘ die Region Kuta und Teile von Bukit Badung. Wenn wir aber von ‚belastet‘ statt verseucht sprechen, stimme ich Dir bei den zehn Prozent zu.

    In einem Satz, würde ich die Insel als die Insel der freudigen Opfer bezeichnen.

    Ich würde sie die Insel der göttlichen Vielfältigkeit nennen. 🙂
    Zudem bin ich mir nicht mal so sicher, ob die Balinesen den Begriff ‚Opfer‘ überhaupt kennen… 😉

    @ Magnus Göller

    Sie begreifen nur über ihren Intellekt, deswegen können sie auch das Wesentliche nicht erreichen.
    […]
    Wie wäre es mal mit einem längeren Besuch vor Ort, dann könnten sie auch aus Erfahrung sprechen und müssten nicht nur ihren Intellekt bemühen.

    Da pflichte ich Dir bei und der Empfehlung schliesse ich mich an. 🙂

    Überdies gefällt mir Dein Bild mit der Katze sehr! 😉
    Die Selbstbestimmtheit und Selbstbewusstheit der Balinesen zeigt sich allein schon am Hinduismus, während Indonesien grösstenteils islamisch ist (mehr dazu in einem Folgeteil der Serie).

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  2. @Magnus

    Ist/hat man eine “große Seele”, wenn man sich so ausbeuten lässt?

    Die Ausbeutung gründet eben direkt in der Infizierung durch das Westdenken. Würden alle Balinesen bei ihren spirituellen Wurzeln bleiben, und nicht manche der Verlockung des schnöden Mammons auf den Leim gehen, wäre Ausbeutung gar nicht möglich. Denn eben genau durch diesen Infekt wird die Ausbeutung erst möglich, weil die ausbeuterischen Arbeitgeber der Touristenregionen bei dem Run in Richtung touristischem Süden willige Arbeitskräfte en Masse haben, und eben darum auch ausbeuterische Hungerlöhne (so sie denn überhaupt zahlen!) etablieren können.

    Was ist das “Westdenken”?

    Judentum, Christentum, Islam, Freimaurerei?

    Lustigerweise zeigt genau diese Deine Frageantwort das Westdenken anschaulich auf.
    Nichts von alledem. Das Westdenken ist v.a. geprägt durch konsumistischen und geldgeilen Materialismus fern aller wahren, urtümlich-natürlichen Spiritualität, die übrigens auch machtvolle Heiler und natürliche Heilmethoden hervorbringt, womit man sich die ganze westliche Schulmedizinerquacksalberei im Gespann mit der Pharmamafia frohgemut schenken bzw. sparen kann (Nicht dass ich damit sagen wollte, die Hierarchien des Religionssystems seien wünschenswert – dazu komme ich wie schon angedeutet in einem Folgeteil aber noch ausführlicher).
    Das zeigt sich allein schon darin, dass man mit einem ursprünglichen Balinesen nie eine Diskussion dieser Art hätte. 😉

    Dass Du im grossen und ganzen betrachtet der Regel des Westlers entsprichst, habe ich übrigens noch nicht mal angedeutet, denn ich weiss – wie Du weisst – wohl um Deine spezielle Individualität. 😉

    Dude hat im übrigen, was die mögliche Landnutzung anlangt, einen Riesenbockmist erzählt.

    Das bedarf wohl Erklärung, denn m.E. erzählst Du hier Riesenbockmist, zumal ich persönlich mehrere eindrückliche Anschauungsbeispiele der dortigen Möglichkeiten erlebt habe.

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  3. @ Dude

    Tropischer Dschungel wächst im Tiefland typischerweise auf den kärgsten Böden, die man nur nach Brandrodung sehr kurzfristig bewirtschaften kann. Sollte das in Bali anders sein, so habe ich mich getäuscht, in der Tat selber (teilweisen) Bockmist herausgeschwatzt.
    Bali hat, bei allen Gebirgen (und dem wenigen Dschungel, der noch übrig, es also auch dann, wenn abgeholzt, kaum rausreißen wird), eine Bevölkerungsdichte, die bei über dem Dreifachen der deutschen liegt (circa 750 Einwohner pro Quadratkilometer).
    Diese extrem vielen Menschen sind nur durch jährliche Mehrfachernten und äußerst intensiven Anbau zu ernähren.
    Es ist also ins Wolkenkuckucksheim hinaufgerechnet, den Balinesen extensive Landnutzung nahezulegen.
    Auf Wikipedia liest man dazu:
    „Das Inselinnere ist für die Landwirtschaft zu gebirgig und die schmalen Küstenstreifen im Norden und Osten eignen sich nur bedingt. Das Hauptanbaugebiet befindet sich im flachen und sehr fruchtbaren Süden der Insel.“
    Im Schwarzwald wächst da, wo er noch Wald ist, auch kein Weizen. Deshalb ist da noch Wald. Ganz einfach.
    Rechnete man die fruchtbaren Gebiete Balis zusammen, so käme wohl noch ein geringerer prozentualer Anteil heraus, als in Deutschland oder der Schweiz. (Das weiß ich nicht, so viel Recherche überlasse ich Dir, Dude, aber ich vermute es stark.)
    Hiemit wohl eine fünffache Bevölkerungsdichte je fruchtbarem Boden.
    Sollen die Leute dort fröhlich-friedlich („It’s their karma…“) verhungern?

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  4. @ Argonautiker

    Ich bezweifle nicht, dass Sie auf Bali schöne Wochen verbracht haben, dass die Menschen dort sehr offen und warmherzig sein mögen, auch nicht den „Zauber“ der Insel.
    Die massenhaften billigen, willigen Arbeitskräfte, von denen Dude oben spricht, werden sich wohl nur deshalb – oder weshalb sonst, wenn die Kultur so hochentwickelt? – von den Westschweinen ausbeuten lassen, weil jede Menge Not herrscht.
    Über das Bevölkerungswachstum dort fand ich auf die Schnelle nichts heraus. Wäre mal interessant.
    Immerhin für jene, die den Planeten Bali etwas nüchterner betrachten wollen.

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  5. @ Argonautiker

    Ich vergaß, ihren freundlichen Gruß aus Bremen mit einem ebensolchen aus Stuttgart zu vergelten.
    Nun noch ein wenig zum Hinduismus (der Hauptreligion auf Bali).
    Zweifellos sind die 333 000 oder so Götter des Hinduismus pittoresker als nur irgendein soein boshafter weißbärtiger Abrahamitenobermeier.
    Und käme mir niemals in den Sinn, sie den Leuten auszutreiben.
    Ob sie ihnen, verbunden mit dem hinduistischen Denken, auf Dauer guttun?
    Das müssen die Balinesen selbst wissen.
    Es ist ihre Insel, mich brauchen die dort nicht.

    [Anm. Dude: Musste Deinen Kommentar unverständlicherweise soeben aus dem Spamordner fischen. Askimet war auch schon schlauer…]

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  6. @Magnus

    Vulkanische Böden gehören mit zu den Nährstoffreichsten überhaupt. Bali ist – wie bereits in der Artikelserie deutlich erwähnt – eine Vulkaninsel.
    Und wie kommst Du darauf, dass da nur noch wenig Dschungel übrig sei? Weite Teile von Bali sind noch immer von Urwald bewachsen. Allerdings wird (vornehmlich aufgrund der Bevölkerungsexplosion und des Tourismus) tatsächlich abgeholzt, was sich aber im Vergleich zu z.B. Borneo noch in eher bescheidenen Grenzen hält.

    Die hohe Bevölkerungsdichte zeigt sich – wie auch bereits im Artikel angemerkt (Du hast auch schon präziser gelesen *zeukel* 😉 ) – vornehmlich im Süden der Insel.

    Hättest Du die Doku von Agronautiker angeschaut, wüsstest Du im übrigen bereits, dass bis zu drei Ernten Reis pro Jahr in nachhaltiger Art und Weise des Anbaus geerntet werden können. Da ich aber nicht alle Informationen hier im Kommentarstrang abladen will, sondern viele davon eigentlich in die Serie gehören, bitte ich Dich um Verständnis, dass ich mich hier aus dieser Diskussion vorerst ausklinke und um etwas Geduld, zumal ich die Serie aufbauend arrangieren möchte.

    Wiki kannst Du Dir bei diesem Thema übrigens schenken, denn die Balinesen werden mit Sicherheit nicht verhungern, ausser der Import des westlichen WirtschaftsAusbeutungssystems potenzierte sich innert Kürze ins Astronomische.

    Im übrigen solltest Du wirklich etwas präziser lesen, denn…

    Die massenhaften billigen, willigen Arbeitskräfte, von denen Dude oben spricht, werden sich wohl nur deshalb – oder weshalb sonst, wenn die Kultur so hochentwickelt? – von den Westschweinen ausbeuten lassen, weil jede Menge Not herrscht.

    Gesendet am 14.04.2014 um 12:46 | Als Antwort auf Magnus Göller .

    Die Ausbeutung gründet eben direkt in der Infizierung durch das Westdenken. Würden alle Balinesen bei ihren spirituellen Wurzeln bleiben, und nicht manche der Verlockung des schnöden Mammons auf den Leim gehen, wäre Ausbeutung gar nicht möglich. Denn eben genau durch diesen Infekt wird die Ausbeutung erst möglich, weil die ausbeuterischen Arbeitgeber der Touristenregionen bei dem Run in Richtung touristischem Süden willige Arbeitskräfte en Masse haben…

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  7. @ Dude
    Ich sprach vom nichtvulkanischen Tieflanddschungel, dort wird es den, aus genannten Gründen, noch geben.
    Dass ansonsten – intensivst betreut – drei Ernten im Jahr möglich sind, weiß ich auch. Habe das selber in Guatemala gesehen. Wüsste es aber sehr wahrscheinlich auch so, selbst ohne drei Semester Botanikstudium.
    So kommen die Leute gerade noch durch.
    Ich bin froh darum.
    Jetzt lasse ich Dich mal weitermachen.

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  8. Argonautiker

    @Dude
    Ist o.k. wenn du etwas von dem Bali Video einbinden möchtest.

    Das Video ist zufällig entstanden, denn ich war der einzige Gast in dem Hotel und so haben sie mir ihre Welt gezeigt. Und das Video sollte auch hauptsächlich die Kultur widerspiegeln, weil ich von diesen Menschen eben so fasziniert war/bin, da sie eben noch so ganz anders sind, und das haben sie wohl maßgeblich ihrer Verwurzelung mit ihrer Religion/Kultur zu verdanken. Und da ich etwa 10 Jahre lange Reisefilme gemacht habe, mag ich mir ein Urteil darüber erlauben, daß das schon außergewöhnlich in der Welt ist. Bali hat mich etwas mehr berührt, als andere Gegenden. Vielleicht weil sie eben im Menschsein so entwickelt sind, aber doch sehr einfach dabei leben und damit scheinbar auch meist zufrieden sind. Ich habe natürlich auf Bali auch noch anderes gemacht. Das Video habe ich in einem Monat gedreht. Danach bin ich noch weitere 2 Monate dageblieben und habe ein einfaches Leben geführt. Aber natürlich gibt es auch noch andere schönen Flecken auf der Welt.

    Apropos Opfer, also wenn jemand das Opfern kennt, dann die Balinesen. Die Opfern doch tagtäglich für irgendwas, wo wir nur noch den Kopf schütteln. Nie gesehen wie die Opfergaben auf ihr Moped, ihr Auto, ihren neuen Stuhl oder was weiß ich was stellen? Kleine von den Omas geflochtene Schälchen mit irgendwas drin und natürlich Räucherwerk? Jeder, auch der ärmste Haushalt hat einen eigenen kleinen Tempel, und zwei mal am Tag Opfern ist absolutes minimum. Ich finde es toll, auch wenn es nicht meins ist, und es ist lebbar.

    @ Magnus Göller

    Selbstverständlich kann man Bali auch rationaler sehen. Man kann sich auch einen Liebesfilm rational ansehen, nur warum sollte man das tun? Warum sollte man einen Zauber nicht auf sich wirken lassen wenn Zauber da ist. Ich habe da jedenfalls Erfahrungen gemacht, die mich sehr berührt haben. Ich wünsche den Balinesen, daß sie es weiterhin schaffen den Massentourismus auf einen geringen Teil der Insel zu beschränken, und es weiterhin schaffen ihre Identität zu bewahren. Das kann man eigentlich jedem Volk wünschen. Auch uns.

    Im übrigen schätze ich mal, werden wir westlichen Menschen sicherlich mehr ausgebeutet, wie die Balinesen. Ob sie das nun glauben wollen oder nicht. Unsere auf Effizienz getrimmte Arbeitsmoral, die während der Arbeitszeit nichts anderes als arbeiten kennt, tun die meisten Balinesen nur mit einem Lächeln ab, oder sie sagen in ihrer „r“ losen Sprache vielleicht noch, „I am no Lobot“, und gehen dann ihrer Wege. Arbeit und Leben ist dort noch nicht so getrennt. Will sagen wenn die dort arbeiten hören die nicht auf zu leben und werden zum Sklaven ihrer Arbeit.

    Schaffe schaffe Häusle baue,…, dafür sind die Stugarter doch berühmt, oder?

    Z.B. ist die „landwirtschaftliche Lohnverteilung“ dort folgendermaßen geregelt. Also es gibt Landbesitzer, meist die Brahmanen, und die Arbeiter. Der Besitzer erledigt und bezahlt den Transport, Saatgut, Reinigung, etc. Die Arbeiter pflanzen, hegen, und ernten. Dann wird 50-50 geteilt. Zuerst fand ich 50-50 schlecht, aber wenn man mal bedenkt, daß wir hier in Deutschland allein schon 50% nur an Steuern abgeben, ist das schon wieder gar nicht so schlecht. Und der Unterschied zwischen einem Brahmanen und einem aus einer niederer stehenden Kaste ist sicherlich nicht so groß wie hier zwischen einem hiesigen Manager und einem Arbeiter.

    Vielleicht finden sie ja doch noch mal die Muße und besuchen diese Insel. Sie kommen mir so verhärtet und verärgert in ihrer Meinung vor, daß es da auf jedenfall Ausbeutung gibt. Klar gibt es die, aber sicher nicht mehr wie gleich hier, vor der Haustür. So teuer ist das gar nicht. Für 6-700 können sie hin und zurück fliegen, und wenn sie 3-400 pro Monat haben können sie als Besucher ein einfaches aber auskömmliches Leben führen. Natürlich nicht in den Touristen Zentren.

    Gruß aus Bremen

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  9. @ Argonautiker

    Vielen Dank für diesen klugen und anregenden Beitrag. (Ja: Ich bin Schwabe und schaffe gern. Zwar nicht für einen Manager/Brahmanen, aber sehr wohl einfach so.)
    Opfern allerdings, das tue ich nie (oder fast nie: allenfalls dem Weingeiste).
    Glauben ist für mich ein genereller Unfug. Glauben ist Fluchen. Das habe ich auf meinem Blog mehrfach zu erklären versucht. Begriffen haben es noch nicht viele.
    Interessant an der ganzen Sache ist aber in der Tat, dass viele Westler geistig so der Armen sind, dass sie noch Reisbauern am anderen Ende der Welt beneiden, die in einem Kastenwesen leben.
    Da liegt schon der eine oder andere Hase im Pfeffer.

    Liebe Grüße aus der Schafferstadt

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  10. Argonautiker

    @ Magnus Göller

    Wissen sie, wenn sie glauben, daß Glauben Fluchen ist, will ich sie nicht davon abbringen, allerdings ist es auch schon wieder ein Glaube. Glaube ist doch nichts anderes, wie der Versuch mittels irgendeiner Erkenntnis, aber trotzdem Ungewissheit, der Wahrheit und Gewissheit möglichst nahe zu kommen.

    Und wissen sie, ich bin nicht neidisch auf die, aber ich denke sie haben durchaus auch ihr Recht, IHRE Weise zu leben. Und darin sind die Balinesen eben von sich aus recht stark. Aber WENN ich vergleichen würde, dann würde ich schon sagen, die sind in ihrem Menschsein, entwickelter als wir, denn mit unseren ganzen Regeln und künstlichen Gesetzen, erschaffen wir wesentlich mehr Tabu’s wie irgendein Naturvolk auf der Welt es tut, welches wir als rückständig bezeichnen.

    Wir blenden dabei jedoch vollkommen aus, daß es durch diese Tabuisierung einen Stau im Leben gibt. Man darf dies nicht, und jenes nicht, und muß so sein, und zwar deswegen, damit man die aufgestellten „Statuten“ der Zivilisation erfüllt. Das es jedoch vornehmlich unsere Groß Zivilisationen sind, die dann alle rund 50 Jahre einen wahnsinnigen Krieg vom Zaun brechen, weil die aufgestellten Regeln, Maßgaben, etc., auf einmal nicht mehr greifen, das wollen wir nicht wahr nehmen.

    Ich wage also durchaus mal die These aufzustellen, je Tabuisierter eine Gemeinschaft ist, desto mehr Ungelebtes, zurückgehaltenes baut sie kollektiv auf, und desto mehr sucht sie nach Ventilen, um diese inneren Staus zu lösen. Und da eignet sich Krieg dann ganz vorzüglich. Man muß nicht mehr Gut sein. Und das ist der Grund, warum man sich als Westler in einem Land wie Bali wie verzaubert fühlt.

    Bali verhält sich zu unseren westlichen Ländern etwa wie es das einfache Leben zum extrem reglementierten „Höfischen Leben“ verhält. Wenn man da einem Esel einen Tritt gibt, dann ist man dort nicht gleich ein schlechter Mensch, und das fühlt sich ungemein entspannt an. Etwas was uns sehr fehlt. Wir kriegen doch jetzt schon ein schlechtes Gewissen gegenüber dem Klima eingepflanzt. Und all das erzeugt eine irre hohe Spannung in uns, die dann mal wieder nach Lösungen sucht.

    Wir wollen immer besonders Gut und zivilisiert sein, sind es aber nicht, stauen das Böse deswegen an, bis es zu einem Eklat kommt. Die Balinesen verbinden während sie leben Gut und Böse wesentlich ausgeglichener. Da gibt es die grausamen Hahnenkämpfe, oder Bullenrennen, und man fährt auch gegen die Einbahnstrasse, und schert sich moralisch manchmal einen scheiß um den Anderen, und dadurch integriert man das Böse meiner Meinung nach besser in den Alltag, anstatt es zu verdrängen um sich dann kollektiv auf einem Schlachtfeld zu treffen.

    Gruß aus Bremen in die Schafferstadt.

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  11. @ Argonautiker

    Es fängt an, wirklich spannend zu werden hier (für mich jedenfalls).
    Die Kontrastierung der Lebensweise der Balinesen (die übrigens weder in der Landwirtschaft noch sozial ein „Naturvolk“) mit der unsrigen, wie Sie sie darlegen, hat eine ganze Menge.
    Ich selber wollte nicht in ewiger Hitze auf dem Reisfeld leben, immerzu Tausenden von Gottheiten opfern. Als Hindu.
    Und wenn ich mir anschaue, dass „wir Westler“ einen Bach, einen Cervantes, einen Montaigne, einen Nietzsche hervorbrachten, fühle ich mich hier geistig nicht nur geborgen, sondern sehe ich darin auch jeden Tag einen Ansporn, im besten Sinne.
    Man ist dahingekommen, unsere Kultur in Richtung Gier, Geld, Materialismus und Krieg kleinzureden. Das ist gewollt so, und es ist zerstörerisch.
    Sollte Dudes Bali-Serie einen Beitrag dazu leisten, hiezu, über den Umweg der Betrachtung einer fremden Kultur, anders zu denken, so begrüßte ich das sehr.
    Die europäische Kultur besteht nicht nicht nur aus englischen Kriegsschiffen, schon gar nicht der vollverräterischen EU.
    Wir haben eine geistige Tradition, die wir stolz hegen sollten.
    Das hülfe nicht nur uns, sondern dem ganzen Planeten.

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  12. Argonautiker

    Also ich würde mich schon über ein paar Grad mehr freuen, aber sonst, gebe ich ihnen meine Zustimmung, wir dürften uns auch an unserer Kultur der Dichter und Denker erfreuen, wenn man sie denn noch sehen würde vor lauter denk Tabu’s. Denn wir dürfen ja außer Wirtschaftsförderlichkeit nichts anderes mehr denken.

    Und das sich eine Kultur ganz anders entwickelt, wenn 3 Ernten pro Jahr möglich sind, und es NIE unter 25° wird, selbst Nachts nicht, ist auch klar. Keiner braucht sich dort Gedanken um die nächsten Monate machen, man kann quasi von einem Tag in den Anderen leben. Wozu also großartige Lebensmodelle erdenken? Das Duale Prinzip von Gut und Böse, Regen und Trockenzeit reicht voll aus. Um Kausaltitäten zu erkennen, braucht es schon Vier Jahreszeiten, und das Kalte und die Widrigen Umstände, die einen nötigen „Wenn Dann“ Gedanken hervorzubringen. In den Tropischen Regionen mit dem Dualen und ständig warmen Klima Prinzip, sind sie dem Singularen und damit dem Prinzip Gottes viel näher und damit auch behüteter.

    Hier ist das schier unmöglich. Allein um den Winter zu überstehen, bedarf es eines ganz anderen Lebensprinzips und dementsprechend auch eines anderen Denkens. So ganz ohne Plan ist man hier verloren. Deswegen meine vollste Zustimmung, wenn es ums Planen und Erdenken von Lebensmodellen geht, darf man ruhig einen Deutschen fragen. So er nicht die wirtschaftliche Denkbremse im Schädel hat. Wir sind übrigens sehr beliebt in fast der ganzen Welt. Außer in den USA, die sind einfach zu selbstverliebt, die können nichts anderes sehen außer sich.

    Leider wollen die auch ihr Lebensmodell aller Welt überstülpen, und deswegen finde ich es so schön, wenn ich auf Bali, wie natürlich auch noch in anderen Teilen der Welt, Völker gefunden haben, die darum einen Scheiß geben, sondern ihre gewachsene Kultur leben wollen. Und dort findet man das eben noch als Gemeinschaftsform. Hier findet man unsere Kultur eigentlich nur noch versteckt in irgendwelchen Nischen, weil es bei uns heute nicht mehr wirklich viel zählt, wenn sie gut denken können, im Gegenteil, man wird zu Spinner, denn das Maß aller Dinge des Denkens ist die Verwertbarkeit zur Gewinnerzielung geworden.

    Und ja, die EU ist ein Scheiß, und sie soll via TTIP nun zu einem neuen „Bundesstaat“ der USA werden, und das wäre ein noch größerer Scheiß. Und die Ukraine Krise ist das Druckmittel.

    Natürlich könnten wir stolz sein auf unsere Denkkultur, aber sie hat eben nicht wirklich überlebt, deswegen mußten sie auch Denker aus vergangener Zeit als Beispiel nutzen. Wir haben unser Denken in den Dienst der Wirtschaft gestellt und dadurch sind wir zu Funktionären derselben geworden. Die Griechen haben ebenfalls wunderbare Denker hervorgebracht. Da ruhen die sich auch schon seit Jahrtausenden drauf aus. Und wir ruhen auch schon ein paar Jahrhunderte auf unseren..

    Die Balinesen haben ihre recht einfache dualistische Kultur aber bis in die Jetztzeit bewahrt und entwickelt, und zwar ohne als Trachtengruppe auftreten zu müssen. Und das als Gemeinschaft, das ist schon bemerkenswert. Wir bringen vielleicht vereinzelt mal wieder ein paar Dichter und Denker hervor, aber von einer lebendigen gelebten Dichter und Denkerkultur, kann man bei uns nicht mehr sprechen. Leider. Um so schöner, wenn wir es gerade tun.

    Gruß aus Bremen

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  13. @ Argonautiker
    „Natürlich könnten wir stolz sein auf unsere Denkkultur, aber sie hat eben nicht wirklich überlebt…“
    Ich habe erst vorhin mit einem pensionierten Gymnasiallehrer telefoniert, einem vortrefflichen, großherzigen Manne, und wir rissen (es geht um die Betreuung eines Schülers, bald hoffentlich mit Abi) Witze über Goethes Faust, dass die Schwarte krachte.
    Unsere Denkerkultur ist nicht tot: lediglich etwas angeschimmelt.
    Durch Jammern und Klagen wird das sich allerdings nicht ändern.
    Und schon gar nicht durch Milliarden emails, anstatt direkt miteinander zu reden (ein wiederum negativer Teil heutiger Erfahrung; ein kleiner möglicher Auftrag, ich sollte „emailen“, hatte dann keinen Bock drauf).
    Überall sinnloses, wichtigtuerisches Gepfitze, schon ums Winzigste bitte per Mail.
    So wird es nichts. Klar.
    Auf Bali redet man wohl noch lieber miteinander, klopft am Scheißhäuschen botmäßig an, statt 35 Mails darüber auszutauschen, wann man voraussichtlich vielleicht reinkann.
    Was das anlangt, sehe ich mich hier auch in einem Schwachsinnsstan.
    Zeit, das zu ändern.

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  14. Argonautiker

    @ Magnus Göller
    Auf jeden Fall ist das gesprochene Wort viel wichtiger als das via elektronik geschriebene. Andererseits diszipliniert und ordnet das geschriebene mehr, was auch nicht schlecht ist.

    Mit Goethe brauchen sie mir nicht kommen, ich mag diesen Mann nicht, und was er geschrieben hat,…, na ja, keine Ahnung warum man den zum großen Deutschen Dichter erhoben hat. Viel zu oft abgeschrieben hat er. Selbst der Faust, ist ja nicht von ihm.

    Auf Bali hat man zwar auch den unsrigen Kalender, aber man lebt eher nach dem Mondkalender. Das zeugt schon davon, daß sie wesentlich mehr wert auf das Empfinden legen. Und das ist gut so, denn auch wenn die Deutschen gut denken können, der Mensch als solches ist eher ein Empfindungswesen, das zwar auch denken kann, wobei er dazu lang nicht so gut geeignet ist, wie zum Empfinden. Zu jedem Voll und Neumond hat eine Gemeinde dort ein gemeinsames Fest, und dieses gemeinsame Fest ist dann auch wirklich gemeinsam. Man kommt zusammen, betet, opfert, und palavert, und weiß deshalb wie es seinem Nächsten geht.

    Das Opfern ist zum Beispiel auch ganz anders wie wir es uns meist denken. Da habe ich dann auch das erste Mal große Augen gemacht. Man opfert hauptsächlich Nahrungsmittel, aber auch ein bisschen Geld. Das Besondere dabei ist nämlich, daß man den Göttern alles anbietet, und was sie davon während der Zeremonie nehmen ist ihnen, und das, was sie zurücklassen, ist für den Menschen. Da Götter nun mal Götter sind, und keine Wesen aus Fleisch und Blut, nehmen sie sich von dem Geopferten eben auch nur das Unsichtbare. Das heißt ist die Zeremonie vorbei, sind die realen Dinge natürlich noch da, und die ißt man dann gemeinsam, und das Geld ist für die Tempelpfleger. Also ganz pragmatisch.

    Allerdings kann ich nur sagen, das was die da machen, ist kein Hokuspokus, und während sie das tun, spürt man eben wirklich etwas. Ich will das nun gar nicht zu beschreiben versuchen, weil es eben durchaus auch Dinge jenseits der Beschreibbarkeit gibt, die man einfach im Tun erfahren muß. Nicht daß ich glauben würde, wir, oder unsere Religionen und Kulturen wären nicht auch dazu in der Lage. Natürlich wären wir das, aber geht man in unsere Kirche ist das leider meist nur noch platt. Glauben sie mir, ein gemeinsames Essen alle zwei Wochen, von den Menschen die nah beieinander leben, würde auch hier sehr viel verändern.

    In den Touristengebieten und der Hauptstadt ist das natürlich auch nicht mehr ganz so.

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  15. thomram

    @ Dude
    Mit heissem Dank übernommen auf bb.

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